Hospiz in Eppelsheim – „Keine Konkurrenz, sondern Ergänzung“

Die Betreuung schwerkranker Menschen in ihrer letzten Lebensphase ist eine besondere Herausforderung. Archivfoto: dpa
EPPELSHEIM/OPPENHEIM - Rheinhessen Hospiz e.V. ist seinem Ziel, in Eppelsheim im Landkreis Alzey-Worms ein Hospiz zu errichten, ein ganzes Stück näher gekommen: Kürzlich hat der Verein ein Grundstück gekauft. Seit Monaten wird öffentlich über das Projekt diskutiert und gestritten, mit Spannung verfolgt man die Entwicklungen auch in Oppenheim – hier hat der Hospizverein Rhein-Selz seinen Sitz. Dieser spricht sich klar für ein stationäres Hospiz in Rheinhessen aus – und ist, wie weitere ambulante Hospizdienste in der Region, zudem Mitglied im Verein Rheinhessen Hospiz.
Zu Hause sterben – nicht immer ist das möglich
Die Ökumenische Hospizarbeit Rhein-Selz bietet – in enger Zusammenarbeit mit der ambulanten Palliativversorgung Rheinhessen – ambulante Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen an und trägt damit den Wünschen eines Großteils der Bevölkerung Rechnung: „Über 90 Prozent der Menschen möchten in ihrem eigenen Zuhause sterben“, sagt die Palliative-Care-Fachkraft Petra Feidner, die als Koordinatorin in der Geschäftsstelle des Hospizvereins Rhein-Selz arbeitet.
Doch es gibt Fälle, da ist es schlicht nicht möglich, Sterbende ambulant zu betreuen – auch das weiß Petra Feidner. Manchmal sprechen Krankheitsbilder dagegen, etwa wenn Tumore aufplatzen. Manchmal sind auch die Angehörigen am Ende ihrer Kraft, halten die körperlichen und emotionalen Belastungen nicht mehr aus. „Dann stößt auch ein ambulanter Hospizdienst an seine Grenzen“, sagt Feidner. „Dann ist es ein Segen, wenn für den Patienten ein Bett in einem stationären Hospiz zur Verfügung steht.“
DER VEREIN
Informationen zu Sterbe- und Trauerbegleitung im Internet unter www.hospiz-rhein-selz.org oder in der Geschäftsstelle, Am Markt 10, Telefon 06133-57 17 65, E-Mail: info@hospiz-rhein-selz.org.
Doch diese Betten sind äußerst knapp. Im näheren Umkreis gibt es lediglich das Christophorus-Hospiz in Mainz mit acht und das Eugenie-Michels-Hospiz in Bad Kreuznach mit zwölf Plätzen. Viele Sterbenskranke müssen Wochen auf einen freien Platz warten, können erst sehr spät oder gar nicht mehr aufgenommen werden, weil sie vorher sterben.
Eine Folge davon: Rund 50 Prozent aller Schwerstkranken sterben in einem Krankenhaus. Ein viel zu hoher Prozentsatz, sagt Petra Feidner. Denn Krankenhäuser können Sterbenden und Angehörigen längst nicht in dem Maße einen geschützten Rahmen bieten, wie das in Hospizen möglich ist. „Schon alleine, weil der Stellenschlüssel ein anderer ist.“ Sprich: Die Pfleger und Schwestern haben gar nicht die Zeit, sich intensiv um die Menschen zu kümmern und sich auf ihren „Rhythmus“ einzulassen. Dazu kommen auch die räumlichen Bedingungen. „Stellen Sie sich mal vor, in einem Drei-Bett-Zimmer sterben zu müssen“, gibt Hedie Dietz, ehrenamtliche Hospizbegleiterin, zu bedenken.
Die Palliativstationen an Kliniken in Mainz und Alzey entspannen die Lage nur bedingt. Auch sie verfügen nur über eine sehr begrenzte Anzahl an Betten, und sie sind nicht unbedingt dazu gedacht, dass Menschen bis zum Tod bleiben. Sind Patienten medikamentös so gut eingestellt, dass sie die Palliativstation verlassen können, stellt sich wieder die Frage: Zurück nach Hause? In ein Hospiz? Ins Heim?
Falsches Bild von Sterbebegleitung?
Im Oppenheimer Altenzentrum ist der Tod auch ein Thema. „40 bis 60 Todesfälle haben wir im Jahr“, sagt Heimleiter Winfried Kraus, der zugleich Vorsitzender des Hospizvereins Rhein-Selz ist. Manchmal kommen Senioren erst in der letzten Phase ihres Lebens ins Altenheim. „Auch sie nehmen wir auf – sofern wir einen Platz frei haben“, betont Kraus. Sechs Mitarbeiter hat das Oppenheimer Altenzentrum mittlerweile zu Palliativ-Care-Fachkräften ausgebildet, um den Anforderungen gerecht zu werden. Und: Die ehrenamtlichen Hospizbegleiter kommen auch ins Altenheim, um Sterbende zu betreuen.
Dennoch bleibt die Frage: Was ist mit jungen Sterbenden, die in einem Altenheim nicht aufgenommen werden? Was mit dem jungen Familienvater, der nicht vor den Augen seiner Kinder sterben will? „Er sollte die Möglichkeit haben, ein Hospiz zu wählen“, sagt Petra Feidner. Und Winfried Kraus stimmt zu: „Ambulantes und stationäres Hospiz konkurrieren nicht – sie ergänzen sich.“
Kein Verständnis gibt es in Oppenheim daher für Kritiker, die ein Hospiz kategorisch ablehnen – sei es, weil sie das Geld lieber in Pflegeheime stecken würden (Feidner: „Was machen dann die bereits erwähnten jungen Sterbenden, etwa Krebskranke, deren Zahl steigt?“), oder weil sie schlicht keines in ihrer Nachbarschaft haben wollen. „Entsetzt“ sei sie gewesen, als sie lesen musste, dass so mancher Eppelsheimer sich gegen ein Hospiz gewehrt habe, weil er nicht wollte, dass „täglich Leichenwagen durch den Ort“ führen, sagt die ehrenamtliche Hospizbegleiterin Meike Wohn. Es gebe offenbar in der Öffentlichkeit ein völlig falsches Bild von Hospiz und Sterbebegleitung. „Es ist eben immer noch ein Tabuthema“, sagt Petra Feidner. Noch viel zu tun also für den Hospizdienst Rhein-Selz. „Wir wollen mithelfen, jedem ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Das muss in unser aller Sinne sein.“