Ungewöhnliches Duo: Gitarrist Daniel Stelter und Schlagzeuger Tommy Baldu bei Neujahrskonzert im Bechtolsheimer KulturGut
Von Klaus Mümpfer
Daniel Stelter ist ein Virtuose auf allem, was Saiten hat – von der E-Gitarre bis zur Mandoline. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
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BECHTOLSHEIM - Der Ingelheimer Gitarrist Daniel Stelter ist ein Virtuose des Fingerstyle- oder –picking-Spiels auf dem Saiteninstrument. Er hat eine Vorliebe für tönende Pausen, schließt seine Riffs mit Knalleffekten ab, gefällt sich in Harmonievariationen und Ostinati. Meisterhaft präsentiert er beim Konzert mit dem Duo-Partner Tommy Baldu jenes Spiel, bei dem meist drei Finger der Basshand in geschmeidigen Tonabfolgen die Melodielinien der anderen auf dem Hals und seinen Bünden abrunden.
Vielzahl von Saiten- und Schlaginstrumenten
Roland Kalus vom KulturGut Bechtolsheim findet auf der kleinen Bühne kaum Platz für die Ansage. Akkurat stehen in ihren Ständern eine Lakewood-Bariton-, eine „normale“ Konzert- und eine elektrische Gitarre neben der achtsaitigen Mandoline des Ingelheimer Künstlers. Duo-Partner Tommy Baldu hat zusätzliche eine Gibson-Gitarre, die er allerdings als Rhythmus-Instrument und in „Krikelkrakel“ den Korpus zur Percussion nutzt, neben der Rahmentrommel Frame und diversen Schlagzeugtrommeln mit Becken sowie Rasseln mitgebracht.
Das Konzert beginnt mit einer Solointerpretation des Jazzklassikers „My Favourite Things“, dessen Melodie in der Bearbeitung Stelters immer wieder auftaucht. Für den Anhänger des experimentellen Jazz war allerdings die Komposition „Begegnung“ von Baldu im zweiten Teil des Sets das aufregendste Stück des Abends.
Bei einem einleitenden Solo des Drummers mit Donnerschlägen und Trommelwirbeln, in die Stelter mit der E-Gitarre samt elektronischen Verfremdungen flächige Teppiche verwebt oder die er mit Bottleneck-Glissandi und Verzerrungen verstärkt. So steigert sich das Duo zu einem Crescendo. „Anarcho“ nennt Baldu im privaten Gespräch diese Lärmorgie, die ein wenig aus dem „gesitteten“ Rahmen des Konzertes fällt. Zuvor schon trieb der Perkussionist beim rasanten „Taxi Driver“ mit den Besen auf dem schwarzen Kunststoff-Ordner seiner Steuererklärung das Tempo des Gitarristen voran. Das Publikum im ausverkauften Saal ist begeistert und spendet anhaltenden Applaus.
„Wir spielen natürlich Stücke von unserer neuen CD „Humming Songs“, aber auch andere akustische Kompositionen“, erklärt Stelter vor dem Konzert. Wie immer bei seinen Auftritten fasziniert der jugendliche, aber etablierte Künstler mit einer Fülle von spontanen Ideen, zupft und schlägt die Saiten konzentriert. Er verzieht kaum eine Miene.
Sein Duo-Partner scheint hingegen alle Aktionen mitzuerleben, verzieht den Mund und schneidet unbewusst Grimassen. Manchmal bleibt er – wie im bluesgefärbten „Tabs“ – mit erhobenen Klöppeln wie ein „Luft-Drummer“ hinter einem Equipment stehen, bevor er zum finalen Schlag ausholt.
Zur Mandoline greift Stelter bei „Straßenstaub“, zur neuen Bariton-Gitarre bei der Bearbeitung des Sting-Hits „Fields of Gold“. Einmal in „Split Heart“ singt Stelter sogar – aber das wäre nicht nötig gewesen, nachdem die vorhergehende Komposition „All“ den Blick eines Astronauten auf den zerbrechlichen blauen Planeten Erde mit expressivem Gitarrenspiel des Künstlers assoziiert.
Im „Mo Better Blues“ des Jazz-Saxofonisten Branford Marsalis und des Trompeters Terence Blanchard aus dem Jahr 1990 ergänzt Baldu die mitreißenden Gitarrenriffs Stelters auf der dunkel timbrierten und mit einem Tuch bedämpften Frame. „Die Gitarre ist das kleinste Orchester der Welt“, zitiert Stelter. Das Konzert im Bechtolsheimer Kulturgut ist Beweis dafür.