Stephanie Neigel und Daniel Stelter sorgten für Wohlfühlatmosphäre in Bechtolsheim
Von Christine Gerhard
Stephanie Neigel und Daniel Stelter sorgten für Wohlfühlatmosphäre. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
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BECHTOLSHEIM - Merkwürdiges ereignete sich am Samstagabend im Kulturgut: Ganze Stuhlreihen von Konzertbesuchern fühlten sich plötzlich als Lichttechniker berufen und gegen 22 Uhr fängt so mancher an zu Blöken wie ein Schaf. Anlass waren die Musiker Stephanie Neigel und Daniel Stelter, die sich zur selben Zeit vor Ort auf der Bühne befanden. Öfters schon sind sie dort gesichtet worden, in verschiedenen Konstellationen, aber nie gemeinsam.
In der Pause unters Publikum gemischt
Roland Kalus, der seit 2011 zusammen mit Elke Diepenbeck das Kulturgut betreibt, kannte den Gitarrist Stelter schon als jungen Musiker und schon damals habe er alles an die Wand gespielt, was Beine hatte: „Stelter hat einen Ton zum Dahinschmelzen“ – und zum Wegträumen, möchte man hinzufügen. Als auch Neigel mit ihrer Band „Les Brünettes“ vor dem Bechtolsheimer Publikum spielte, war sich Kalus plötzlich sicher, dass die beiden wunderbar zusammenklingen würden. Nun, die Künstlernetzwerke sind klein, und so verwirklichte sich sein Traum: Die beiden Künstler fusionierten zum Duo. Und wer weiß, vielleicht hatte auch das Kulturgut seinen Anteil an dieser fruchtbaren Paarung, meint Kalus: „Als Veranstalter schiebt man so etwas oft an.“
Genau wie die Künstler waren auch viele Gäste schon öfter im Kulturgut. Da assistiert man dem Ton- und Lichttechniker schon einmal beim manuellen Einrichten der Scheinwerfer. In der Pause verschanzen sich die beiden rheinhessischen, des Dialekts mächtigen Musiker nicht in der Garderobe, sondern mischen sich unter eben jenes Publikum.
Gerade zurück von seiner Europa-Tournee, wartet Stelter mit seiner Laudatio an die Heimat auf, den „Wingertswalzer“, zu dem ihn ein Weinbergsspaziergang inspiriert hat, „weil’s hier ja schon schön ist“, wie er zugibt. Neigel findet schon einmal während einer schlaflosen Nacht die Ideen für ihre ebenfalls handgemachten jazzigen Popsongs. Er an der Gitarre, sie auch am Klavier und singend, präsentieren sie zu zweit ihre Stücke, die alle berühren, über Kinderaugen, das Bedürfnis, Augenblicke einzufangen, und die Frühlingssonne.
So echt, so bodenständig und natürlich die beiden Künstler auftreten, so alltäglich auch die Songthemen sein mögen, so wenig alltäglich und besonders ist beider musikalisches Talent: Ihre Stücke sind mitunter mehr als das, sie sind erzählte Geschichten – „Songs mit Tiefgang“, nennt sie Kalus. Der Wechsel zwischen Stimmungen, zwischen nachdenklich-sehnsüchtig und verwegen-frech, und Musikstilen gelingt ihnen spielerisch. Neigel beherrscht ihre Stimme, ein Schmeichelstein fürs Ohr, die ohne Schmettern und Schnörkel einfach natürlich gut ist, genauso perfekt wie Stelter die Gitarre. Von einer solchen Stimme lässt sich das ausgelassene Publikum nicht zwei Mal bitten, wenn es um die Besetzung eines Backgroundchores geht, und als Neigel eine frühlingshafte Geräuschkulisse wünscht, ist der Saal plötzlich von besagten Schafen voll, was sie selbst kurz aus dem Konzept bringt.
Kurz, die Stimmung ist familiär und die Gäste mit dem Abend mehr als zufrieden. Dafür bedankt sich Stelter auch beim Veranstalter, den er duzt: „Dass es so etwas wie das Kulturgut gibt, ist wichtig“, und sei selten genug. Dazu werde man hier noch so gut umsorgt, dass man sich nur wohlfühlen könne. Und eine „magische Atmosphäre“, so Kalus, sei im kleinen Kreis des Kulturguts viel eher spürbar als in einer Frankfurter Konzerthalle für Tausende.