Stephan Bormanns stilistische Weltreise im Kulturgut
Der Gitarrist Stephan Bormann steht erstmals als Solokünstler auf der neu gestalteten Bühne in Bechtolsheim. Vier Gitarren hat er mitgebracht und spielt darauf eigene Arrangements.
Von Ulla Grall
Neues Jahr, neues Programm, neuer Look: Stephan Bormann präsentiert sein Solo-Programm auf der neu gestalteten Wohnzimmerbühne des Kulturguts.
(Foto: BilderKartell/Axel Schmitz)
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BECHTOLSHEIM - Das Jahr im Kulturgut beginnt mit neuer Bühnengestaltung: Eine historische Stehlampe, „von meiner Uroma“, wie Hausherr Roland Kalus bei der Begrüßung erzählt, und eine kleine, opulent gerahmte Landschaft in Öl. Die betonen das Wohnzimmerflair dieser kleinen, feinen Eventlocation. Fehlt nur ein Blumentischchen mit Grünpflanze.
Heute wird die kleine Bühne jedoch von vier Gitarren dominiert. Es warten eine Bariton-Gitarre, eine Aliquot-, eine Jazz- und eine Westerngitarre. Gespielt werden die Instrumente von Stephan Bormann, im Kulturgut kein Unbekannter, herausragend unter den zahlreichen hervorragenden Gitarristen, die sich hier „die Klinke in die Hand geben“.
Auf Weltreise durch Musik und Stile
Bormann kommt nach vorn und bringt Gitarre Nummer fünf mit. Dass Kalus nicht ganz unschuldig ist an Bormanns „Coming out“ als Solo-Gitarrist, gibt er gerne zu. Ihn zu einem Solo-Repertoire überredet zu haben, kann Kalus sich auf seine Fahnen schreiben. Bormanns Repertoire, „Over the Years“, stellt er im Konzert vor, man kann es auf seiner gleichnamigen Solo-CD von 2017 nachhören: Ein Mann, der die Zuhörer mitnimmt auf eine Weltreise durch Musik und Stile: „Traveler on Guitar“.
„Ich habe in vielen Formationen gespielt, vom Duo bis zur Bigband. Gefehlt hatte nur noch der Auftritt als Solist“, erklärt Bormann nach den ersten Stücken. Als Teil des Christin-Claas-Trios konnte man ihn im Kulturgut hören, mit Jule Malischke spielt er und hat für sie arrangiert. Gemeinsam mit Tom Goetze bildet er das „10String Orchestra“, und „Hands on Strings“ mit Thomas Fellow ist wohl sein bekanntestes Duo. Die Liste der Künstler, mit denen Bormann auf der Bühne oder im Studio stand, ist lang. Er ist Komponist, begnadeter Arrangeur, hat eine Professur für Gitarre an der Hochschule für Musik in Dresden inne, leitet Gitarrenworkshops in ganz Europa – und auch schon im Kulturgut.
Nach dem Einstieg auf der Jazzgitarre erzählt er scherzhaft: „Meine Arrangements sind späte Rache an den Pop- und Rock-Klassikern – wo ich seinerzeit nicht mitspielen durfte.“ „Another Brick In The Wall“ ist sein Beispiel für ein solches Bormann-Arrangement. Auf sein Buch über Arrangements für Solo-Gitarre verweist er später mit einem Medley bekannter Klassiker und unterzieht auch „Moon River“ – aus dem Film„Breakfast at Tiffany’s“ – ebenso wie Paul Simons „You Can Call Me Al“ einer typisch Bormannschen Verwandlung.
Tiefstapelnd behauptet er, seine Instrumenten-Vielfalt sei „optischen Reizen“ geschuldet, damit das Publikum weiß, „jetzt kommt ein neues Stück“ – und straft sich dann selbst Lügen, wenn er, im Wechsel von Octave Guitar zu Baritongitarre, von Jazz- zu Stahlsaiten-Gitarre, stets den Sound trifft, der dem jeweiligen Instrument adäquat ist.
Für die Komposition, die „afrikanisch klingt, weil ich wollte, dass es afrikanisch klingt“ fädelt er ein Stück Papier zwischen die Saiten, und nach der Pause stellt er das vielsaitige Instrument vor, das schon beim Betrachten für Erstaunen gesorgt hatte: Die Aliquot-Gitarre aus der Werkstatt von Oliver Klapproth. Die vier Bass-Saiten schwingen frei und erzeugen lange Untertöne, acht schräg über dem Gitarrenkörper angeordnete Saiten sorgen für „chinesisches Flair“, und „auf den restlichen sechs Saiten kann man – fast – spielen wie auf einer normalen Gitarre.“ Das klingt faszinierend und fremd und erhält viel Beifall.
Entspannt plaudert er nach dem Konzert mit Zuhörern, Fans und Gitarren-Kollegen, die gerne von ihm lernen. Im Kulturgut zu spielen ist Bormann ein Vergnügen. Man spürt es, man hört es und freut sich auf seinen nächsten Besuch.