Maneli Jamal mit sanften Gitarrenklängen im Bechtolsheimer Kulturgut
Von Ulla Grall
Entrückt spielt Maneli Jamal im Kulturgut in Bechtolsheim seine Gitarre. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
( Foto: photoagenten/Axel Schmitz)
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BECHTOLSHEIM - Von Spanien nach Griechenland, dann nach Indien, nun im Kulturgut: Maneli Jamal ist ein viel- und weitgereister Gitarrist. Seine Eltern stammen aus dem Iran, geboren wurde er in der weißrussischen Stadt Minsk. Noch ehe der jüngste von vier Brüdern seinen 18. Geburtstag feierte, hatte er bereits in fünf Ländern gelebt und war 20 Mal umgezogen. Tragen seine Alben deshalb alle „Movement“ (Bewegung) im Titel? „The Lamaj Movement“ von 2009, „The Ziur Movement“ von 2012 und „The Mardom Movement“, erschienen 2016, sind wie Stationen einer Reise, von überallher ergreift er Elemente und lässt sie in seine Musik einfließen. Reiseberichte ohne Worte.
Regen in Mexiko, Schnee in Kanada
„Vor zwei Jahren war ich in Mexiko“, erzählt er. „Es regnete.“ Akkorde führen zur Melodie, die Landschaft entsteigt dem Klang wie ein Gemälde. Jamal spricht etwas Deutsch – er lebte einige Zeit in Köln und hat der „Klingerstraße“ einen Musiktitel gewidmet – aber seine Ansagen macht er in Englisch. Er hat eine wunderbare Art zu erzählen, so auch über ein Stück, das ein Ehemann für seine Frau bei ihm bestellte. Jamal komponierte die Auftragsarbeit als langsamen, sehnsuchtsvoll-zärtlichen Titel und spricht die Verheirateten unter seinen Zuhörern an: „Wenn Sie Ihre Frau beeindrucken wollen …“
Simbabwe inspirierte ihn zu einem Blues, in seiner Wahlheimat Kanada beobachtete er einen Mann, der durchs Fenster den sanft fallenden Schnee betrachtete. „Ich versuchte, mir vorzustellen, was er denkt, und dies in Musik festzuhalten.“
Persönliche Erlebnisse in Melodien geflochten
Seine persönliche Geschichte lässt der 32-Jährige immer wieder einfließen: „Vor meiner Geburt lebten meine Eltern in Frankreich.“ Sein Vater, Künstler wie auch seine Frau und in die Wirren der iranischen Revolution involviert, wurde aus politischen Gründen verfolgt und war auch im Gefängnis. „On the run“ beschreibt die Geschichte der Flucht der Familie nach Deutschland. Mit „Awakening“ gibt Maneli Jamal selbst ein politisches Statement ab. Dazu lässt er sein Instrument klingen wie eine persische Laute, um dann eine Melodie zu flechten, die sich aus verschiedenen Strängen, mal schneller, mal langsamer, zusammenfügt.
Schwebenden Klang erzeugt er mit einem Delay, das die Töne leicht verzögert, einem Echo ähnlich wiederholt und hält. Doch setzt er die Elektronik sparsam ein, ebenso wie Elemente von Percussion, mit denen er den Rhythmus einiger Kompositionen betont. „Daft Funk“ entlockt den Zuhörern nicht nur Applaus, sondern auch begeisterte Rufe, ebenso wie das „Stück ohne Titel“, voller Emotion, wie ein schlagendes Herz, dabei technisch perfekt. „Running fox trail“, langsam, fast schwermütig, ist eine Erinnerung an Texas, wo Jamal eine Zeit lang lebte. „24 Jahre lang hatte ich keine Staatsbürgerschaft“, erklärt er und spielt „Most glorious Day“, komponiert zur Einbürgerung in Kanada, nicht ohne sich etwas lustig zu machen über den Richter, dem der feierliche Akt oblag. Zu einer kleinen Jam-Session holt er zum Konzertende Roland und Elke zu sich auf die Bühne, Gastgeber, die einem Musiker wie ihm stets das Gefühl vermitteln, wahrhaft willkommen zu sein.
„Heimat ist kein realer Platz für mich“, gesteht er. Seine Heimat hat er in der Musik gefunden. „Home“ heißt der melancholische Titel, der die Zuhörer zutiefst berührt. Die letzten Töne lässt Jamal lange nachhallen.