Norbert Höflich muss nicht lange überlegen. Auf die Frage, ob er am nächsten Tag lieber Gulaschsuppe, Rindfleisch mit Kräuterstoße und Kartoffeln oder Pasta mit Brokkoli,...
ALZEY. Norbert Höflich muss nicht lange überlegen. Auf die Frage, ob er am nächsten Tag lieber Gulaschsuppe, Rindfleisch mit Kräuterstoße und Kartoffeln oder Pasta mit Brokkoli, Hirtenkäse und Sahnesoße essen möchte, antwortet der Nudelliebhaber wie aus der Pistole geschossen: „Pasta!“ Vorher nimmt er noch eine Gemüsebrühe mit Backerbsen, auf den frischen Nachtisch verzichtet er: „Ich habe hier noch so viel Obst liegen, das reicht mir.“
Individuelle Beratung und Befragung
Was sich anhört wie eine Bestellung im Restaurant, ist tatsächlich der neue Bestellservice im DRK Krankenhaus Alzey. Jeden Vormittag besuchen zwei Menü-Assistentinnen der Küche sämtliche 60 Krankenzimmer und fragen die Patienten nach ihren Wünschen für den nächsten Tag. Die Auswahl aus drei Menüs – Vollkost, leichte Vollkost und vegetarisch – gab es bisher auch schon. Neu ist aber die individuelle Befragung und Beratung durch die Abgesandten aus der Küche.
Thekla Prinz-Berlin ist eine der sechs Krankenhaus-Mitarbeiterinnen, die mit einem Tablet in der Hand durch die Stationen gehen. Auf ihrem kleinen Computer sind alle Patienten des Hauses gespeichert, einschließlich der Vorgaben für deren individuelle Verköstigung. „Gerichte, die ein Patient nicht essen darf, sind auf meinem Bildschirm gelb unterlegt“, erklärt die Assistentin. „Bei Menschen mit Lactoseintoleranz etwa sind das alle Speisen, die Milch oder Milchprodukte enthalten“. So kann niemand etwas bestellen, das ihm nicht bekommt.
Die Menüwahl beschränkt sich nicht nur auf das Mittagessen. Auch das Frühstück und Abendessen können sich die Patienten nach eigenen Wünschen zusammenstellen. Norbert Höflich beispielsweise möchte sich am nächsten Abend lieber Geflügelleberwurst statt Teewurst auf sein Brot schmieren, und zu den angebotenen Salatgurkenscheiben sagt er auch nicht nein. Der 56-jährige Freimersheimer, der gerade ein neues Kniegelenk bekommen hat, findet dieses neue System großartig. „Jetzt muss man nicht mehr endlose Formulare ausfüllen, sondern kann seine Wünsche mit einem netten Gesprächspartner besprechen. Das ist vor allem für die älteren Menschen eine Erleichterung.“
Diese Einschätzung kann Pflegedienstleiterin Astrid Breitmann nur bestätigen. „Für alte Menschen war es manchmal schwierig, die lange Liste zu lesen und sich festzulegen. Da kam es mitunter vor, dass einer Kaffee zum Frühstück bestellte, aber vergaß, auch Milch und Zucker anzukreuzen“. Mit den neuen Assistentinnen kann das nicht mehr passieren. Sie fragen geduldig nach den Wünschen und lassen sich für jeden Patienten so viel Zeit, wie er gerade braucht. Auch wenn der Service-Gedanke für Pflegedienstleiterin Astrid Breitmann eindeutig im Vordergrund steht, ist die Arbeitserleichterung für das Pflege- und das Küchenpersonal ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Zwar hatte Küchenleiterin Christiane Lautenschläger zu Beginn mit der Dateneingabe in das neue Softwareprogramm einiges an Mehrarbeit zu leisten. Aber jetzt überwiegen die Vorteile bei Weitem: „Früher“, sagt die Küchenchefin, „hat das Pflegepersonal die Essenskarten ausgegeben und eingesammelt. Wir in der Küche mussten die Karten auswerten, Strichlisten führen und den Produktionsplan für jeden Tag erstellen. Jetzt geht alles per EDV: Die Assistentinnen geben die Wünsche der Patienten auf ihren Tablets ein und hier in der Küche werden automatisch die individuellen Essenskarten und Produktionspläne ausgedruckt.“
Praktisch ist auch die Verknüpfung der einzelnen EDV-Programme im Krankenhaus, weil dadurch Fehlerquellen minimiert werden. Sobald ein Patient aufgenommen ist – und sei es auch nachts um drei Uhr – wird er automatisch der Küche gemeldet. So kann es nie mehr passieren, dass er kein Essen bekommt, weil die Küche noch nicht weiß, dass er da ist.