Viele hadern noch mit der „Rollbahn“ für Alzeyer Innenstadt
Auch nach dem Beschluss des Bauausschusses regt sich immer noch Kritik an dem Vorhaben. Auch Verbesserungsvorschläge an dem barrierefreien Weg über die Märkte werden geäußert.
Von Anna Merkelbach
Andere Städte haben es bereits vorgemacht – auch in Alzey soll es bald eine „Rollbahn“ durch die Innenstadt geben. Das freut nicht jeden.
(Foto: pakalski-press/Carsten Selak)
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ALZEY - Besser durch die Alzeyer Innenstadt kommen, sollen in Zukunft auch Menschen mit Gehbehinderung. Dazu beitragen will die Stadt mit einer „Rollbahn“ über die großen Marktplätze. Die ist bereits beschlossene Sache. Immer noch regt sich allerdings Kritik an den Plänen für den rollstuhlfreundlichen Weg über Roß-, Fisch- und Obermarkt.
Im jüngsten Bauausschuss wurde mehrheitlich für die letzten Entwürfe gestimmt. Ein verärgerter Leser kann das nicht nachvollziehen, wie er dieser Zeitung schreibt: „Ich bin kein Gegner der barrierefreien Gestaltung, jedoch der Meinung, dass hier eine deutlich stilvollere Variante möglich gewesen wäre.“ Er ist der Meinung, die zentralen Innenstadtflächen würden durch die aktuelle Planung „zerschnitten“.
Sein Vorschlag: Die entsprechenden Bereiche unter Verwendung der vorhandenen Steine überarbeiten und ebenflächig neu verfugen. So würde das gleichmäßige Bild der Gestaltung erhalten bleiben und die Begehbarkeit deutlich verbessert werden, wie er schreibt. Außerdem wäre diese Option auch im Sinne der Nachhaltigkeit, erläutert er.
Marco Fitting, zuständig für den Bau sowie die Unterhaltung von Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt, hält diese Variante zwar für generell möglich, doch für eher ungeeignet bei dem Projekt in Alzey. „Mit neu verfugt wäre es nicht getan“, sagt er. Bei den vorhandenen Steinen auf dem Roßmarkt beispielsweise sieht er außerdem nicht das Potenzial für eine Wiederverwendung in der „Rollbahn“.
Der Leser wirft der Stadt in seinem Schreiben auch mangelnde Instandhaltung der genannten Plätze vor. Fitting weist diesen Vorwurf zurück. Die Plätze würden regelmäßig überwacht und Schäden, wo nötig, behoben. Dabei spiele allerdings auch der Kostenfaktor eine Rolle. So könne nicht jeder kleine Schaden sofort beseitigt werden.
Wulf Kleinknecht von den Freien Wählern hatte bereits vor mehreren Wochen bedenken an dem Projekt geäußert. Auch wenn er die Entscheidung für die „Rollbahn“ mittlerweile akzeptiert hat, ganz zufrieden ist er damit nicht. Im Gespräch mit dieser Zeitung kam er zu der Überlegung, ob es nicht vielleicht besser wäre, die Plätze komplett zu erneuern. Bereits ohne „Rollbahn“ seien Roß- und Fischmarkt durch feste Einbauten, Bäume und Bänke „überfüllt“. Die komplette Erneuerung der Plätze sei allerdings nicht im Sinne einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung, gibt Fitting zu bedenken.
Abgesehen davon sieht Kleinknecht momentan gar keine Hindernisse für gehbehinderte Menschen, er habe auch noch keine Beschwerden von diesen gehört. Daher ist ihm der optische Aspekt aktuell wichtiger als die Funktionalität der Bodenbeläge.
Eine Abfrage der Bevölkerung diesbezüglich habe es in der Tat nicht gegeben, sagt Thea Weiskopf, die Zuständige im Bereich barrierefreier Tourismus in der Stadt. Man halte sich bei der Umsetzung der Maßnahme jedoch an die Qualitätskriterien des Projektes „Reisen für alle“, welches für die Zertifizierung im Bereich barrierefreier Tourismus zuständig ist. Deren Kriterienkatalog ist entstanden durch die mehrjährige Abstimmung mit Betroffenenverbänden und touristischen Akteuren.
Die „Rollbahn“ sei außerdem eine Vorgabe gewesen, um die EU-Förderung für das Projekt „Spaziergang für Alle“ zu erhalten, erklärt Weiskopf. Dabei sollen Wegweiser und Infotafeln in der Stadt installiert werden, die viele Gäste und auch Einwohner vermisst hätten. Da Alzey seit 2019 Teil der Modellregion für barrierefreien Tourismus ist, müssen alle neuen Maßnahmen auch barrierefrei zugänglich sein. Teil davon sei eben die „Rollbahn“. Außerdem: „Wenn der Gast im Rollstuhl nicht mal die Innenstadt durchqueren kann, dann kommt er nicht mehr“, erläutert Weiskopf.