Stell dir vor es ist Wahl und (fast) alle gehen hin
Nach 2017 findet am Gustav-Heinemann-Schulzentrum wieder eine Juniorwahl statt. Trotz professioneller Bedingungen ist sie aber kein Indikator für die EU-Wahl
Von Jan Haugner
Bei der Juniorwahl zum EU-Parlament guckt Wahlhelfer Nils, dass Wählerin Johanna alles richtig macht.
(Foto: BK/Axel Schmitz)
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ALZEY - Fast jeder geht wählen und das, obwohl es keine Wahlpflicht gibt. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist fast nirgends der Fall. In der Volkerstadt hat man das aber geschafft, trotz der Tatsache, dass die Stimmen eigentlich keine konkreten Auswirkungen haben. Juniorwahlen heißt der Trend, an dem sich seit Jahren immer mehr Schulen beteiligen. Auch am Gustav-Heinemann-Schulzentrum sind die Schüler-Wahlen seit der Bundestagswahl 2017 angekommen. Sind die Schüler selbst betroffen und haben die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben, entwickeln sie eher ein Interesse für Politik, erklärt Organisatorin und Sozialkundelehrerin Pia Helmer.
Stimmberechtigt sind knapp 100 Schüler
Ausweiskontrolle, Wahlkabine, Stimmzettel und Co., alles ist authentisch, um die anstehende Europawahl möglichst genau zu simulieren. Stimmberechtigt sind die knapp 100 Schüler der zehnten Klasse und der Fachoberschule (FOS). Für sie stehen 40 Parteien zur Wahl. Neben den sechs Bundestagsparteien gehen auch wieder zahlreiche Kleinparteien an den Start – so zum Beispiel die „Europäische Partei Liebe“, die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ oder „Die Grauen Panther“. „Tendenziell wird bei uns viel grün gewählt“, prognostiziert Pia Helmer.
Genau wird das dann aber erst nach der EU-Wahl am 26. Mai feststehen. Auch wenn schon am vergangenen Freitag gewählt wurde, die Ergebnisse dürfen erst nach der eigentlichen Wahl veröffentlicht werden, so die Anweisung der Organisatoren, zu denen unter anderen die Bundeszentrale für politische Bildung zählt.
Eine Wahlpflicht besteht natürlich auch bei der Juniorwahl nicht, aber die Organisatoren greifen in die Trickkiste, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Anstatt dass jeder geht, wann er will, gehen die Klassen geschlossen ins Wahlbüro – zumindest die Schüler, die wollen. Durch die Gruppendynamik nimmt sich aber fast niemand selbst aus der Gruppe. 80 bis 90 Prozent Wahlbeteiligung werden da realistisch – im Grunde würden nur die Schüler fehlen, die krank sind, erklärt Pia Helmer. Um jedem einen Überblick über die Parteien zu geben, hat sie Unterricht auf die Arbeit mit dem Wahl-O-Mat und Podiumsdiskussionen gesetzt. Dabei mussten sich die Schüler für eine Partei entscheiden und anhand deren Positionen diskutieren. So lerne man die Positionen kennen und könne vor allem populistische Argumente aufgreifen und widerlegen. „Gerade im Zeitalter des Populismus ist das ganz wichtige Arbeit. Häufig werden scheinbar einfache Lösungen angeboten, für die gerade junge Leute anfällig sind“, erklärt Pia Helmer.
Umso mehr stört es sie, dass die Sozialkunde erst ab der neunten Klasse auf dem Lehrplan steht und das auch nur mit einer Stunde pro Woche. „Da bleibt kaum Platz für politische Bildung“, beklagt sie. Als Konsequenz daraus musste die Juniorwahl diesmal gekürzt werden. Europa steht erst in der zehnten Klasse auf dem Lehrplan, sodass die Neuntklässer, die 2017 noch mitwählen durften, diesmal zuschauen mussten.
Echten Anschauungsunterricht gibt es für die Schüler dann am Montag. Bei einer gemeinsamen Fahrt nach Straßburg bekommen die Jungwähler vor Ort Einblick in die Arbeit des EU-Parlaments.