Kantor Hartmut Müller gestaltete ein vergnügliches Silvesterkonzert. Diesmal musizierte er mit Jürgen Kuntze und Roland Tenten in der St. Josephskirche.
Von Roswitha Wünsche-Heiden
Jürgen Kuntze (Bass), Hartmut Müller (Klavier) und Roland Tenten (Cajon, Schlagwerk) musizierten diesmal in der katholischen St. Josephskirche.
(Foto: BilderKartell/Carsten Selak)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
ALZEY - Bei manchen steppt am Altjahresabend der Bär. Andere mögen es beschaulich, widmen die letzten Stunden des Jahres der Rückbesinnung oder schmieden guter Vorsätze. Eine große Fangemeinde jedoch pilgert seit 16 Jahren um 22 Uhr zum musikalischen Silvesterkrimi von Hartmut Müller, dem Kantor der Evangelischen Kirchengemeinde Alzey — diesmal aus Gründen der Restaurierungsarbeiten in die katholische St. Josephskirche. Der ungewohnte Ort war nicht das einzig Neue. Während Müller in der evangelischen Nikolaikirche problemlos zwischen Orgelbank und Erzähler-Mikrophon hin- und herwechseln konnte, machten die räumlichen Gegebenheiten in der katholischen Nachbarkirche eine Konzeptänderung notwendig, die zum einen in der Einbeziehung der singenden Zuhörerschaft mündete und zum anderen das Klavierspiel des Erzählers mit Jürgen Kuntzes Kontrabass und Roland Tentens Cajon-Schlagwerk aufs Trefflichste ergänzte.
Restaurantkritik in Noten
„Musik – Mampfen – Mord“ hatte Müller seine diesjährige Erzählung genannt, die, wie er einleitend feststellte, sich in eben dieser Reihenfolge entwickeln würde. So legte er mit der Ouvertüre eines Haydn-Kanons über Leberwurst und Sauerkraut die musikalische Messlatte schon erstaunlich hoch und begann die Erzählung mit den Worten: „Das ist das Ende“. Und zwar ging es um das Ende eines Gourmet-Tempels, dessen Besitzer soeben aus einer Fachzeitschrift das vernichtende Urteil eines gefürchteten Restaurantkritikers zur Kenntnis nehmen muss. Mit sichtlichem Vergnügen ergötzt der Autor sich und seine Zuhörer an der Schilderung französischer Haute-Cuisine-Vokabeln im Gegensatz zu den Banalitäten des tatsächlichen „Essgenusses“. Kein Wunder, dass der Verfasser dieser Kritiken schon bald zum Opfer seiner vernichtenden Urteile wird, just in dem Moment, als ihm das Victor-von-Bülow-Menü in der „Goldenen Schnepfe“ zu einer überaus positiven Kritik Anlass gibt. Was die Ermittlung des Mörders für Kommissar Bunzgerpel und die gespannt lauschenden Zuhörer besonders erschwert, ist der Umstand, dass der als „Das Phantom“ agierende Kritiker anonym unterwegs war.
Wann immer sich eine musikalische Beziehung zu einem der genannten Essen herstellen ließ, wurde diese umgesetzt, sei es „Alouette“, die zu rupfende Lerche, ein supersexy Käsebrot, das Kinderlied „Backe, backe Kuchen“ oder der bekannte Ohrwurm „Manna manna“.
Inzwischen war die Erzählung bei dem Gesangverein „Frohsinn 1846 Gut Holz“ angekommen, dessen geplagter Dirigent ein geheimnisvolles Doppelleben führt. Schnell war klar, dass er in wechselnden Rollen als „Das Phantom“ unterwegs gewesen war. Weniger leicht war jedoch die Frage, welcher der vier möglichen tatsächlich der Mörder war und wodurch er sich verraten hatte. Doris Bender , Eva Preuß und Siegfried Schwarz war trotzdem die verräterische Bemerkung des Obers Kellner nicht entgangen. Während einer mitreißend swingenden „Anleitung zum Giftmischen“ füllten sie den Lösungszettel aus. Sie wurden als Gewinner des Ratespiels ausgelost und durften eine Flasche Sekt als Gewinn mit nach Hause nehmen. Erst danach erfuhr man, dass auch Kellner ein Opfer des Ermordeten war. Er hatte nämlich publik gemacht, dass der damals erfolgreiche Koch das Rezept des köstlichen „Hattekuchen-Soufflés“ nicht selbst entwickelt, sondern in Alzey gestohlen hatte.
„Ein ganz anderes Konzept und ein ganz anderer Musikstil“, freute sich Marie-Luise Bursch, die diese Veranstaltung schon seit Jahren besucht. Wie immer war der Eintritt frei, während um eine Kollekte zugunsten von Müllers kirchenmusikalischer Arbeit gebeten wurde.