Ob Joghurt, Butter oder Frischmilch – wenn die Alzeyer Tafel Lebensmittel abholt, muss sie die Kühlkette einhalten. Dringend gebraucht wird ein neues Kühlauto.
Von Stefanie Widmann
Mitarbeiterin Lokalredaktion Alzey
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ALZEY - Volle Supermärkte, jeder will die große Auswahl. Wenn es abends den Lieblingsjoghurt, die gewünschten Kartoffeln oder das Brot nicht mehr gibt, sind die Kunden unzufrieden, wechseln vielleicht zur Konkurrenz. Also halten die Supermärkte, Discounter, Bäckereien, Metzgereien und Gemüsegeschäfte mehr Lebensmittel bereit, als sie realistisch verkaufen werden. Irgendwann rückt das Mindesthaltbarkeitsdatum immer näher und die Vernichtung droht.
Mehr als 18 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jedes Jahr weggeworfen, obwohl sie noch für den Verzehr geeignet wären. Wenigstens einen Teil davon Bedürftigen zugute kommen zu lassen, ist das Ziel von rund 900 Tafeln in Deutschland. Seit elf Jahren gibt es auch in Alzey eine Tafel. 100 fleißige Helfer holen Lebensmittel jeglicher Art beim Handel ab, lagern sie in ihrem Haus in der Friedrichstraße und geben sie an nachweislich Bedürftige aus. Um diese logistische Aufgabe bewältigen zu können, sind mehrere Transportfahrzeuge nötig, darunter auch ein Kühlfahrzeug. „Wir müssen, wie kommerzielle Anbieter auch, die Kühlkette einhalten, wenn wir verderbliche Lebensmittel wie Molkereiprodukte unserer Kundschaft anbieten wollen“, macht Tafelleiter Gerd Koenen klar. Das war von Anfang an so, und so nahm die Alzeyer Tafel nach ihrer Gründung sehr dankbar ein Kühlfahrzeug in Empfang, das die Allgemeine Zeitung damals mit finanzierte. Elf Jahre ist das jetzt her, und der kleine Lieferwagen hat seitdem treu und zuverlässig gute Dienste geleistet.
Das könnte sich indes schnell ändern, denn das viel genutzte Fahrzeug ist in die Jahre gekommen. „Wir müssen den Kühlwagen bald ersetzen, bevor er richtig reparaturanfällig wird“, sagt Koenen. Wenn das Fahrzeug ausfalle, drohe das logistische Chaos. „Unsere Zulieferer verlassen sich darauf, dass die Ware abgeholt wird, sie wird extra im Kühlbereich gelagert und die Händler verlassen sich darauf, dass ihnen der Platz schnell wieder zur Verfügung steht. Und dann sind da natürlich die Bedürftigen, die auf die kostenlosen Lebensmittel, die sie sich bei der Tafel zweimal in der Woche gegen eine „Schutzgebühr“ von einem Euro pro Besuch holen können, angewiesen sind.
IHRE SPENDE
Die Allgemeine Zeitung Alzey sammelt in diesem Jahr im Rahmen ihrer „Leser helfen“-Aktion Spenden für ein neues Kühlfahrzeug für die „Tafel“.
Ihre Spende erbitten wir an:
Empfänger: Leser helfen
IBAN: DE07 5504 0022 0210 4057 00
BIC: COBADEFFXXX
Kreditinstitut: Commerzbank Mainz
Verwendungszweck: Projekt 13 (bitte unbedingt angeben)
Spendenquittungen erfolgen bei einem Betrag über 200 Euro automatisch, wenn die Adresse angegeben ist.
Kurz: Ein neues zuverlässiges Gefrierfahrzeug muss her. Die Allgemeine Zeitung in Alzey hat sich deshalb dazu entschieden, dessen Anschaffung mit der Aktion „Leser helfen“ zu unterstützen. Die Tafel hat bereits bei Händlern nachgefragt, was ein solches Fahrzeug wohl kosten würde. „Egal, welches Fabrikat wir nehmen, wir werden so an die 35 000 Euro investieren müssen“, rechnet Koenen vor. Natürlich wird der Verkauf noch einen Erlös bescheren, der als Grundstock für die Neuanschaffung dienen kann, aber komplett kann die Tafel diese Anschaffung bei Weitem nicht stemmen. Natürlich bekommt der gemeinnützige Verein Unterstützung von den Trägern der Religionsgemeinschaften – katholische und evangelische Kirche, Caritas und Diakonie, Baptisten-Gemeinde am Schillerplatz und Stadtmission – und auch der Euro, den die Tafel von jedem der insgesamt 250 bis 300 Kunden pro Besuch nimmt, summiert sich auf rund 1200 Euro im Monat. Aber davon müssen die Nebenkosten für das Gebäude und der Unterhalt der Fahrzeuge bezahlt werden. „Vor allem der Stromverbrauch ist durch die Kühlgeräte sehr hoch“, sagt Koenen.
Übrigens sind es nicht nur die großen Spenden der Ketten und Einzelhändler, die die Tafel speisen. „Viele Kirchen geben uns beispielsweise ihre Erntedankgaben“, sagt Koenen. Die Tafel sorge dafür, dass das Thema in der Gesellschaft wahrgenommen und der Gegensatz zwischen Überfluss und Mangel sichtbar werde.
100 Ehrenamtliche mit einem Durchschnittsalter von 63,5 Jahren sorgen dafür, dass der Austausch funktioniert. Ein normales Transportfahrzeug – etwa für Brot, Gemüse, Konserven und andere Lebensmittel, die nicht gekühlt werden müssen –, sowie eben das etwas altersschwache Kühlfahrzeug für kühlpflichtige Lebensmittel wie Molkereiprodukte und empfindliches Obst sind fünfmal die Woche im Einsatz. Mit den Spendern der Lebensmittel gibt es Lieferverträge, in denen sich die Tafel verpflichtet, die Waren zuverlässig abzuholen, dafür werden auch Lieferscheine ausgestellt. Ansonsten gelten ebenso Handelsbedingungen. „Wir verpflichten uns auch, dass wir die Lebensmittel nur an Bedürftige geben. Wenn etwa Freitag noch etwas übrig ist, das am Wochenende abläuft, müssen wir es entsorgen, wir dürfen es auch nicht unseren ehrenamtlichen Helfern mitgeben. Der Handel will einen unkomplizierten, zuverlässigen Partner, sonst funktioniert das nicht“, sagt Koenen und verschweigt auch nicht, dass auch der Lebensmitteleinzelhandel einen Gewinn aus den Lebensmittelspenden zieht. Er müsste die Ware nach Ablauf sonst später selbst entsorgen. Manche geben die Lebensmittel eine Woche vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ab, andere erst einen Tag vorher. Da müssen die Leute von der Alzeyer Tafel schnell handeln.
„Wenn die Bedürftigen bei uns Brot, Butter und Obst bekommen, können sie mit dem Geld, das sie dafür ausgeben müssten, anderes kaufen“, sagt Koenen. Natürlich müsse jeder nehmen, was da ist. Mal gebe es Bananen im Überfluss, dann gar keine, mal viele Kartoffeln, mal keine, mal Joghurt in Mengen und dann wieder eher Quark. Übrigens hätten immer häufiger auch Reinigungs- und Kosmetikartikel ein Verfallsdatum. Duschgel, Waschpulver und Ähnliches finden sich so daher gelegentlich ebenfalls in den Regalen der Tafel. Koenen: „Wer hier etwas bekommt und so Geld aus seinem knappen Budget spart, hat damit die Chance auf etwas mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die vielen Bedürftigen sonst verwehrt ist.“