„Das große Welttheater“ von Calderon de la Barca erlebte angesichts des Regens seine Premiere in der Theaterscheune Storr anstatt auf der Doppelbühne aus historischen Erntewagen. Foto: pa/Axel Schmitz
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ALZEY-DAUTENHEIM - Die Premiere wurde begossen, doch war es leider der anhaltende Landregen. Der verhinderte die Aufführung auf der Dautenheimer Freilichtbühne, ins Wasser fallen musste „Das große Welttheater“ dennoch nicht. Theaterleute sind große Improvisateure. Das Team zog, und das Premierenpublikum war’s zufrieden, in die Storr’sche Theaterscheune um. Dort fand auch die zweite Vorstellung statt.
Das barocke Mysterienspiel von Pédro Calderón dela Barca, nachgedichtet von Joseph von Eichendorff, hat Regisseurin Annette Storr inszeniert und mit ihrem Team aus Profi- und Laienschauspielern auf die Bühne gebracht. Die Musik komponierte Clara Gervais für Streichertrio, Streicherquintett und kleines Bläserensemble.
Gesang und Musik der Bläser geleiten die Zuhörer zu ihren Plätzen, Gervais singt zur Gitarre das bekannte mexikanische Lied „Cucurrucucú Paloma“, die Akteure fallen leise in den Refrain ein und ziehen das Publikum in die Atmosphäre des Abends. „Der Meister“ (Jens Bohnsack) betritt die Bühne, „Die Welt“ (Cathrin Romeis) ersteht, aus dem Wort des Meisters und Schöpfers: „Sei du, Welt, Bühne, und der Mensch agiere.“
MIT DABEI
Als Musiker wirkten mit: Streichtrio: Clara Gervais (Kontrabass)Yumi Onda (Violine), Yodfat Miron (Viola). Jugend-Streichorchester der Kreismusikschule Alzey: Maja Haupt, Laura Krause und Rodi Mem Boyrazli (Violinen), Jan Schauf (Cello), Kurt Steffens (Kontrabass). Bläserquintett: Volker Meyer-Schwarzenberger und Birgit Mowitz (Trompeten), Daniel Mowitz (Tenorhorn), Uwe Frey (Posaune), Volker Schäfer (Tuba)
Im Hintergrund waren tätig: Eunsung Yang: Bühnenbild, Valentin Kruse: Bühnenbau, Patricia Bechtold: Dramaturgie, Margit Doerwald: Kostüme, Thierry Zwiener: Licht: Marie-Luise Vogel: Produktionsassistenz. Volker Helm schrieb „Über die Philosophie Calderóns“ im Programmflyer.
Die allegorischen Figuren treten auf, nicht jeder ist von Anbeginn mit der ihm zugedachten Aufgabe einverstanden, doch muss er seine Rolle spielen, von der Wiege bis zum Grab. Die Welt überreicht die Attribute: Dem „König“ (Dieter Buß) Krone und Mantel, der „Schönheit“ (Lara Hamzehpour) ein rotes Gewand und einen Kranz aus Weinlaub. „Der Reiche“ (Jan Walter) erhält eine kostbare Jacke und einen wohlgefüllten Beutel, dem „Landmann“ (Johannes Karl) übergibt sie die Hacke, „Die Weisheit“ (Kornelia Kopf) wird in eine Mönchskutte gekleidet. Das „Kind“ (Valentin Keck), ungeboren gestorben, erhält nichts, und „Das Elend“ (Sebastian Straub) muss sich gar seiner Kleider entledigen.
Gervais hat jedem der Akteure eine Klangform zugeordnet, die typisiert und die Präsenz des Gesprochenen erhöht. So passt zum König hoheitsvolle Musik, das Elend des Bettlers illustrieren „jammervolle Töne“ vom Kontrabass. Personifiziert erscheint „Das Gesetz der Gnade“ (Simon Vogel) und singt: „…spiele gut, denn Gott sieht zu.“ Und jeder spielt, nach seiner Berufung. Eine glänzende Leistung des Schauspielerteams, das mit den teils sehr langen und recht sperrigen Texten souverän umzugehen versteht und mitreißend agiert.
Am Ende steht der Tod, alle müssen abtreten, angekündigt von der warnenden „Stimme“ (aus dem Off gesungen von Valentin Kruse). Jedem fordert die Welt wieder ab, was sie ihm an Gaben verliehen hat. Im letzten Kapitel entscheidet sich, wer am Tisch des Meisters Platz nehmen darf: Wem gebührt himmlischer Lohn, wer erleidet Höllenqualen. Und die Zuschauer, zu Brot und Wein geladen, werden zu Mitspielern an der langen Tafel.
Alle hofften, dass am dritten Aufführungsabend das Wetter mitspielt und es sozusagen eine neue Premiere des Welttheaters, wie ursprünglich vorgesehen, auf der Freilichtbühne geben werde – mit den Süddeutschen Kaltblütern, die die Doppelbühne aus historischen Erntewagen ziehen.