Pöbeleien auf dem Roßmarkt, Sachbeschädigungen, Einbrüche, Belästigungen von Frauen am Kronenplatz. Für die CDU ist das Maß voll. Mit einem Antrag an den Ausschuss für...
ALZEY. Pöbeleien auf dem Roßmarkt, Sachbeschädigungen, Einbrüche, Belästigungen von Frauen am Kronenplatz. Für die CDU ist das Maß voll. Mit einem Antrag an den Ausschuss für Bürgerdienste setzen sich die Christdemokraten für eine Videoüberwachung der Bereiche Roßmarkt/Winkelgässchen und Parkdeck Tiefgarage/Kronenplatz ein. „Eine Überwachung an diesen beiden Brennpunkten würde die Sicherheit durch Abschreckung erhöhen und würde bei Ermittlungen von Sachverhalten enorme Erleichterung verschaffen“, heißt es in der Begründung des Antrags.
Markert: Ordnungsamt kann nicht immer vor Ort sein
„Wir stellen diesen Antrag, um wieder Handlungshoheit im Bereich Sicherheit und Ordnung zu erlangen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Stadtrat, Tobias Markert. Die Probleme am Roßmarkt seien schon seit längerem ins Schlaglicht der Öffentlichkeit gerückt, lenkt Markert den Blick auf „Jugendliche mit unterschiedlichem Hintergrund, die mehr oder weniger Probleme haben, sich ordentlich zu präsentieren“. Das Ordnungsamt könne aber nicht Tag und Nacht vor Ort sein. Da die Anwendung der existierenden Gefahrenabwehrverordnung die Beweispflicht mit sich bringt, will die CDU via Kameraauge den Platz absichern, um die „Verhaltensdefizite konsequent durch Bußgelder oder Anzeigen“ zu ahnden.
Neben den Pöbeleien bestehe der Verdacht des Drogenhandels sowie verschiedener anderer Delikte. Die CDU verweist in ihrem Antrag unter anderem auf ein eingeschlagenes Fenster in der Antoniterstraße oder den Einbruch in ein Tabakgeschäft am Roßmarkt. Auch am Parkdeck Tiefgarage/Kronenplatz halten die Christdemokraten eine Videoüberwachung für sinnvoll, da der Fraktion im Laufe des vergangenen Jahres mehrfach von Belästigungen gegenüber jungen Frauen berichtet wurde. „Darüber hinaus wurde auch oftmals versucht, den Geldautomaten an der Post zu plündern“, sagt Markert. „Hier könnte Bildmaterial eventuell helfen, effizienter gegen Straftäter vorzugehen.“
Freilich, so räumt die CDU ein, sei Videoüberwachung kein Allheilmittel. Zudem wolle man keinen Orwell’schen Überwachungsstaat. „Daher schlagen wir vor, die Maßnahme auf zwei Jahre zu befristen, um dann mit den vorliegenden Erfahrungswerten, wenn es gewünscht ist, neu zu beschließen“, erläutert Tobias Markert. Der Antrag solle von der Stadtverwaltung unter Berücksichtigung des Datenschutzes geprüft werden.
Die rechtlichen Voraussetzungen regelt laut Innenministerium der Paragraf 27 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes. Demzufolge ist Kameraüberwachung unter anderem zulässig, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr, zum Schutz gefährdeter öffentlicher Anlagen oder zur Abwehr von Gefahren durch den Straßenverkehr erfolgt. Die Aufnahmen müssen nach 30 Tagen gelöscht werden, die Überwachung muss zudem dem Landesdatenschutzbeauftragten angezeigt werden.
Die AZ wollte von dem Beauftragten wissen, wie er zu dem Thema steht. Eine Antwort steht noch aus. Das Innenministerium teilt auf Nachfrage dieser Zeitung mit, dass die Stadt als kommunale Ordnungsbehörde die Videoüberwachung beschließen könne. „Videoüberwachung kann wegen des Risikos, als Täter einer strafbaren Handlung erkannt zu werden, abschreckend wirken, so dass der Einsatz als Maßnahme der Gefahrenabwehr sinnvoll sein kann; ist gleichwohl eine Straftat trotz Abschreckungsfunktion begangen worden, dient die Videoüberwachung der Sachverhaltsaufklärung und Täterfeststellung“, beleuchtet Pressesprecher Joachim Winkler die sicherheitsrelevanten Aspekte.
Diese Einschätzung deckt sich mit den Aussagen des stellvertretenden Leiters der Alzeyer Polizeiinspektion, Ingo Seibel. Der stellt unabhängig von den im CDU-Antrag konkret angesprochenen Einsatzorten fest: „Generell halte ich das für ein geeignetes Instrumentarium. Es hat sowohl präventive als auch repressive Funktion.“ Allerdings werde eine Kameraüberwachung jemanden, der sich unbedingt vorgenommen hat, eine Straftat zu begehen, nicht davon abhalten.
Amtsgerichtsdirektorin Kirsten Grittner-Nick sagt, dass Videoaufnahmen am Gericht als Beweismittel zugelassen werden können. „Allerdings muss hier sehr differenziert Einzelfall für Einzelfall betrachtet werden“, betont Grittner-Nick.
Von Thomas Ehlke