WIESBADEN. Kabarettmeister Matthias Ningel war mit seinem Programm „Jugenddämmerung“ zu Gast im Künstlerhaus 43 in Wiesbaden.
WIESBADEN - Mögen seine Gene Matthias Ningel davor bewahren, vorzeitig zu ergrauen. Dann nämlich klappt die Darstellung des leicht verhuschten, in Wahrheit auch mit Ende 20 noch nicht lebenstüchtigen Sohnemanns, der das elterliche Zuhause partout nicht verlassen möchte, auch in vielen Jahren noch. Und beschert dem Publikum, wie jetzt im Künstlerhaus 43, ausgesprochen unterhaltsame musikalische Einblicke in das Leben eines „verkappten Zukunftsverweigerers“, der durchaus in der Lage ist, am elektrischen Piano „aphrodisierende Lieder“ zum Besten zu geben. Mit seiner „Jugenddämmerung“ gelang Ningel ein erster richtig großer Wurf, sie verhalf ihm im vergangenen Jahr zum Titel des Deutschen Kabarettmeisters. Und bereitete den Weg fürs professionelle Musik-Kabarett.
Mit charmanter Lässigkeit
Mit charmanter Lässigkeit, bei der ihm zweifellos auch seine Erfahrung als Impro-Theaterschauspieler zugutekommt, plaudert sich der Liedermacher und Humorist durch unsere heutige Welt. Mit Rolf, seinem im Gegensatz zu ihm selbst äußerst erfolgreichen Schulkameraden, und Ilona, seiner ersten großen (unerfüllten) Liebe, hat er zwei Figuren aus der vergangenen Schulzeit erschaffen, die für nahtlose Übergänge zwischen Damals und Heute sorgen. Mit pointiertem Witz, einer gehörigen Portion Scharfsinn und musikalischer Virtuosität nimmt der in Mainz lebende Kabarettist seine und die Welt um sich herum unter die Lupe. Ob er der „Beste im Yoga-Kurs“ ist, musikalisch seiner „Textil-Monogamie“ an einen tatsächlich ziemlich schauderhaften beigefarbenen Pulli mit Reißverschluss huldigt, die Wegwerf-Gesellschaft kritisiert oder das von ihm erfundene Spiel „Knick, Knack, Blubb“ auf die schwarz-weißen Tasten bringt – Ningel versteht es, den Dingen des Lebens eine heitere Seite abzugewinnen. Selbst einem als Zugnachbar unangenehm aufgefallenen Fußfetischisten.
Mitreißendes verbales und musikalisches Spiel
„Schluss mit der platonischen Liebe, jetzt wird gefummelt“, frönt Ningel seiner verflossenen Liebe in einem eigens komponierten Schlager. Der Mann, der unter anderem in der Rolle von Mutter Settergren in der „Pippi Langstrumpf“-Aufführung der Sommerfestspiele auf der Burg Sonnenberg zu begeistern verstand und im kommenden Jahr in „Mord in Aussicht“ übrigens wieder im Künstlerhaus 43 zu sehen sein wird, wurschtelt sich elegant durchs (nicht) alltägliche Leben.
„Hat von Ihnen jemand vor, sich in nächster Zeit fortzupflanzen?“ Matthias Ningel ist bestrebt, dem mütterlichen Wunsch nach Enkeln nachzukommen, gerne auch mit Hilfe des Publikums. Das tut ihm den Gefallen. Zwar nicht in Sachen Fortpflanzung, doch es quittiert sein mitreißendes verbales und musikalisches Spiel mit Gekicher, Gelächter und immer wieder mit Applaus. Ohne eine Kostprobe aus seinem neuen Programm „Kann man davon Leben“, das im Frühjahr 2018 Premiere feiert, lassen ihn seine Fans nicht von der kleinen Bühne. Es klingt vielversprechend, wenn Matthias Ningel eine Angebetete besingt und ihr attestiert: „Du bist zu gut für Strip-Trivial-Pursuit“...