FESTIVAL
Nächstes Konzert bei „Zeitströme 2018“, dem Festival für aktuelle Musik an der Darmstädter Akademie für Tonkunst: Am Montag, 26. Februar, spielt um 19.30 Uhr das Ensemble Phorminx. In einer öffentlichen Probe um 16 Uhr lassen sich Einblicke in die musikalische Werkstatt gewinnen, bereits um 14 Uhr stellt die Komponistin Nirmali Fenn ihre Arbeiten vor. (job)
DARMSTADT - Mit schwerem musikalischen Gepäck war der britische Pianist Jonathan Powell nach Darmstadt gereist. Beim Festival „Zeitströme 2018“ präsentierte er am Donnerstag an der Akademie für Tonkunst ein breit gefächertes Spektrum Neuer Klaviermusik, das neben Stockhausens knapp 40 Minuten dauerndem „Klavierstück X“ und Xenakis’ an die physischen Grenzen gehendem Solowerk „Evryali“ noch viele andere kompositorische Schwergewichte enthielt.
Einer Expedition durch das reiche Klangspektrum des Flügels glich Tristan Murails zum Konzertauftakt gespieltes Werk „Territoires de l’oubli“ aus dem Jahr 1977. Aus irrlichternd wirbelndem Chaos bildeten sich unterschiedliche Landschaften heraus. Mit eruptiver Heftigkeit erzeugte der Pianist gläserne, anorganisch wirkende Welten, in deren pochenden Repetitionen eine explosive Urkraft wirkte. Powell, der die Musik nicht einfach interpretierte, sondern sich ihr Haut und Haar auszusetzen schien, sorgte mit seiner hervorragenden Anschlagkultur für energiegeladene Steigerungen und zwingende Höhepunkte.
Magnete im Flügel manipulieren den Klang
Ob er Gaile Griciutes für (mit Magneten) präpariertes Klavier geschriebenes Stück „This Too Will Pass“ leichthändig auf die Tasten zauberte wie eine zarte Humoreske oder in Stockhausens „Klavierstück X“ sein ganzes Gewicht in den Flügel hieb, stets behielt sein Spiel eine besondere Elastizität. Das dramaturgische Gespür, das Powell für Stockhausens auf schärfsten Kontrasten aufgebauter Musik zeigte, war eine Klasse für sich. Wirkungsvoll schwang die mit peitschenden Clustern erzeugte Spannung in den langgedehnten Pausen nach.
Subtile Feinzeichnung und expressives Schwergewicht ergänzten sich auch in Powells Deutung von Luciano Berios „Sonata“. Ebenso pointiert gezeichnet war die enorme klangliche Vielgestalt in Morgan Hayes’ 2012 bis 2017 entstandenem Zyklus „Elemental 1-10“. Eine mystische Atmosphäre vermittelte Dobromila Jaskots 2002 entstandene Komposition „Atnongara – the lumimous stones“, die Eindrücke einer schamanischen Kulthandlung heraufbeschwor.
Höhepunkt des Klavierabends war die Darbietung von Iannis Xenakis rhythmischem Parforceritt „Evryali“, der den Interpreten nicht nur technisch, sondern auch körperlich und emotional in extreme Grenzbereiche führte. Die Zuhörer feierten diese künstlerische Bravourleistung mit anhaltenden Bravostürmen.