Selbstversuch: Zum „Rudelsingen“ in den Kulturpalast

Das „Team Siewert“ macht die Mucke, und alle Gäste singen mit – auch Kulturredakteurin Birgitta Lamparth (Dritte von links).Foto: Volker Watschounek  Foto: Volker Watschounek
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„Singen macht glücklich“, sagt man. Wenn das stimmt, dann sind an diesem Abend im Kulturpalast rund 150 glückliche Menschen versammelt. „Rudelsingen“ lautet das Motto...

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WIESBADEN. „Singen macht glücklich“, sagt man. Wenn das stimmt, dann sind an diesem Abend im Kulturpalast rund 150 glückliche Menschen versammelt. „Rudelsingen“ lautet das Motto des ausverkauften Abends, für den die Teilnehmer im Vorverkauf zehn Euro Eintritt bezahlt haben. Wir wollten wissen: Was ist das denn eigentlich? Und vor allem: Macht das Spaß?

Bespaßt werden wir an diesem Abend vom „Team Siewert“. Jörg Siewert ist sozusagen Regionalmanager des „Rudelsingens“ und damit auch für Wiesbaden zuständig. Alle drei Monate gibt es hier diese besondere Form von Gruppen-Karaoke: „Aber bei uns wird im Gegensatz zu Karaoke niemand vorgeführt.“ Es gehe einfach darum, gemeinsam zu singen – ob man es kann oder nicht, sei egal. „Wir wollen ein niederschwelliges Angebot machen, bei dem jeder mitmachen kann. Das ist nicht so wie bei einem Chor, bei dem man singen und Noten lesen können sollte“, sagt Siewert, der selbst seit seiner Jugend Chöre leitet.

Insgesamt gibt es elf Teams, die bundesweit „Rudelsingen“ organisieren. Das in Wiesbaden ist vergleichsweise klein – es hat schon ein Open-Air auf der Koblenzer Festung Ehrenbreitstein mit 3500 Teilnehmern gegeben. „David Rauterberg hat das ,Rudelsingen’ vor fünf Jahren gegründet. Ich habe ihn in einer Talkshow gesehen und wusste sofort: Das ist genau mein Ding“, erzählt Siewert, studierter Musiker, Bildungswissenschaftler und Mathematiker. Letzteres hilft ihm beim Austüfteln der Titellisten: Schließlich dauert ja jede Nummer eine gewisse Zeit, und in drei Blöcken mit zwei Pausen will er eine Menge unterbringen. So erklärt sich auch die Regel, dass im Publikum nicht geschwatzt werden soll – und die mitunter rasante Geschwindigkeit, mit der er an der Gitarre und Steffen Walter am Piano durch einen wilden Mix der Musikgeschichte reisen: Angefangen (Siewert: „Immer“) mit John Miles’ „Music“, über ein Neue-Deutsche-Welle-Medley und Lechtenbrinks „Ich mag“ bis hin zu Robbie Williams „Angels“ – statt der üblichen, auf die Leinwand geworfenen Texte diesmal mit einem zusätzlichen Mitschnitt aus einem Konzert des Sängers. Da kommt dann doch so etwas wie Gänsehaut auf.

Das Geheimnis sei, „welche Lieder man hat und wie man sie mischt“, erklärt Jörg Siewert. Das Publikum darf auch mal, vorher per E-Mail, Wünsche äußern: „Wenn es uns gefällt, nehmen wir das auf.“

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„Für einen Chor reicht es bei mir einfach nicht“

Aus Wiesbaden kam für den Abend ein Musikwunsch zu Roy Black, „aber da ist für mich die Grenze erreicht“, sagt Siewert, der immer mal wieder ein Scherzchen macht und Tipps parat hält: „Wenn Ihr im Text nicht mitkommt und improvisiert – wichtig ist, dass Ihr beim letzten Wort wieder dabei seid.“

Svenja Pauly beherrscht das aus dem Effeff: Die Mainzerin ist ein echter „Rudelsing“-Fan, kommt deshalb auch gerne nach Wiesbaden und fährt auch mal nach Frankfurt, solange das KUZ geschlossen ist – dort soll dann später auch in Mainz wieder gesungen werden. „Ich war bestimmt schon zehn Mal dabei“, lacht die begeisterte Sängerin. Sie mag die lockere Atmosphäre, „und für einen Chor reicht es bei mir einfach nicht“.

Fazit: „Rudelsingen“ kann Spaß machen, vor allem mit einer Gruppe von Freunden und wenn einem die heimische Dusche oder das Autoradio zu langweilig sind zum Mitsingen. Unter den 40- bis 60-Jährigen an diesem Abend sind auf jeden Fall viele „Wiederholungstäter“. Und überraschend: Auch Männer. Ist ja auch ein bisschen wie bei einem Konzert: Man steht mit einem Glas in der Hand zusammen da, alle gucken nach vorne – und grölen mit. Beim nächsten Mal sicher auch wieder, am 6. Juni im Kulturpalast.