Am kommenden Sontag, 2. September, stellt der Autor und Journalist Wolfram Eilenberger im Hofgut Georgenthal sein neues Buch „Zeit der Zauberer“ vor.
WIESBADEN - Der Autor und Journalist Wolfram Eilenberger ist am Sonntag, 2. September, um 17 Uhr im Rahmen des Salonfestivals zu Gast im Hofgut Georgenthal. Sein neues Buch „Zeit der Zauberer“ entführt in die 20er Jahre. Und das in Kombination mit philosophischen Fragen.
Herr Eilenberger, man hat den Eindruck, dass die 20er Jahre gerade besonders en vogue sind. Und das nicht erst seit Volker Kutschers Romane mit „Babylon Berlin“ verfilmt werden. Woran liegt das – mal abgesehen davon, dass sie bald 100 Jahre her sind?
Weil sie eine Art Ursprungszeit auch unseres Lebensgefühls sind. Informationsexplosion, beschleunigter Alltag, Demokratiekrise, Globalisierungsschub, Inflation und Währungszweifel, toxischer Nationalismus, Krise vormals heroischer Männlichkeit... All diese Themen sind für den Zeitgeist der 20er Jahre bestimmend. Die 20er Jahre zu begreifen heißt deshalb, unsere eigene Situation zu begreifen.
Jetzt sind Sie das Thema in „Zeit der Zauberer“ von der philosophischen Seite angegangen. Was macht die 20er in dieser Hinsicht so spannend?
Die 20er Jahre markieren in der deutschsprachigen Philosophie eine wahre Explosion des Denkens. Es waren ohne Zweifel die kreativsten Jahre des vergangenen Jahrhunderts. In der Philosophie, aber auch der Kunst und den Wissenschaften. Alle großen philosophischen Strömungen unserer Gegenwart lassen sich auf diese Achsenjahre zurückführen. Im Zentrum stand das Gefühl, die Grundlagen der Kultur und auch der Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg neu fundieren zu müssen. Die Frage „Was ist der Mensch?“ war dabei für die Helden meines Buchs, Heidegger, Wittgenstein, Benjamin und Cassirer, keine abstrakt akademische, sondern eine konkret existenzielle. Sie war gleichbedeutend mit der Frage: „Wie soll ich leben?“
Sie haben mit zahlreichen weiteren Büchern Philosophie auf eine verständliche Ebene „heruntergebrochen“. Ist es ein Zufall, dass dieser Tage auch die Philosophie als solche wieder sexy geworden ist?
Krisenzeiten sind immer gute Zeiten für die Philosophie. Insofern erstaunt das gesteigerte Interesse nicht. Die Sehnsucht, dem eigenen Leben denkend Halt, Sinn und Orientierung zu geben, ist heute vielleicht so ausgeprägt wie noch nie. Insofern würde ich sagen, Philosophie ist derzeit ein bisschen mehr als nur „sexy“. Sie ist ein alltägliches Grundbedürfnis, das immer mehr Menschen als solches anerkennen und bejahen. Diesen Mut zum „Selbst denken“ zu stärken, darin sehe ich auch die Hauptaufgabe meines Schreibens.
Das Interview führte Birgitta Lamparth.