Ein prachtvoller Bandaus dem Prestel-Verlag erinnert an die Forscherleistung Alexander von Humboldts
Schon als Junge ist er neugierig auf Insekten, Steine und vor allem auf Pflanzen, was ihm den Spitznamen "der kleine Apotheker" einbringt. Außerdem leidet er seit seinem zwölften Lebensjahr unter Fernweh. 1799, da ist Alexander von Humboldt dreißig, erfüllt er sich einen Traum und startet eine aus eigenen Mitteln finanzierte Südamerika-Expedition, die ihn weltberühmt machen wird.
Mit der spanischen Fregatte Pizarro sticht der Wissenschaftler in See und bereist Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexiko und den Osten der Vereinigten Staaten von Amerika. Im Gepäck eine Vielzahl modernster Messinstrumente, an seiner Seite: Der französische Arzt und Botaniker Aimé Bonpland. Wie im Rausch macht Humboldt jetzt genau das, was er immer wollte: Die Natur ergründen, ausmessen, sammeln, beobachten. Vom Prinzip des vernetzenden Denkens geleitet, will er "das Zusammen- und Ineinanderweben aller Naturkräfte" beweisen.
Alexander und Aimé erkunden dunkelste Höhlen und erklimmen höchste Berge. Dass sie dabei von Stechmücken fast aufgefressen werden, gefährlichen Raubkatzen begegnen, Stürmen ausgesetzt sind oder beim Klettern Nasenbluten und Herzrasen bekommen, kümmert die zwei Forscher wenig. Zu fasziniert sind sie von all dem Neuen, das sich vor ihnen ausbreitet. Auch die Artenvielfalt versetzt sie in Erstaunen.
Fünf Jahre später, im Sommer 1804, kehren die Männer mit 40 Seekisten voller Notizen, Skizzen, Zeichnungen und botanischer und mineralischer Schätze nach Europa zurück. In Paris machen sie sich an die Ordnung der 60 000 mitgebrachten Pflanzenproben. Während ihr Mitarbeiter Karl S. Kunth, selbst Botaniker, über zwei Jahrzehnte damit verbringt, die Proben auszuwerten, hält Humboldt mitreißende Vorträge vor bis zu tausend Zuhörern, schreibt Bestseller und kümmert sich darüber hinaus um die zügige Publizierung der Forschungsergebnisse: Mit der künstlerischen Darstellung der Pflanzen beauftragt er die besten Zeichner und Kupferstecher seiner Zeit, die ihre Vielfalt und Schönheit atemberaubend realistisch abbilden. Und das, obwohl ihnen als Vorlage hauptsächlich die gepressten und getrockneten Muster zur Verfügung standen. Um das große Team von Künstlern und Druckern zu bezahlen, verbraucht Humboldt sein Vermögen.
Die herausragendsten dieser Pflanzenillustrationen, insgesamt 82 Tafeln, dokumentiert der zum Jubiläumsjahr 2019 in aktualisierter Ausgabe erschienene Bildband "Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas" von H. Walter Lack. Daneben beschreibt der Berliner Botanikprofessor Humboldts beispiellosen Einsatz und Werdegang als Pflanzenforscher und zeigt auf, welchen bedeutsamen Beitrag er und seine Mitarbeiter bei der Erfassung der Diversität der lateinamerikanischen Pflanzenwelt geleistet haben.
Alexander von Humboldt wollte die Geheimnisse der Natur entschlüsseln, ohne sie dabei zu zerstören. Würde er heute leben, wäre er wahrscheinlich ein kämpferischer Umweltschützer. Für Johann Wolfgang von Goethe jedenfalls war der Jahrhundertwissenschaftler einer der wichtigsten Gesprächspartner seines Lebens.