Tagung beleuchtet, wie Künstliche Intelligenz die Buchwelt verändern wird bzw. es schon tut. Große Datenmengen und Fortschritte bei Rechenleistung verstärken Macht der Algorithmen
MAINZ - Werden Maschinen anstelle von menschlichen Lektoren künftig darüber entscheiden, welche Bücher gedruckt werden? Dies war eine der Fragen, mit der das 24. Mainzer Kolloquium des Instituts für Buchwissenschaft und der Gutenberg-Gesellschaft überschrieben war. Am Ende einer informativen Tagung zum Thema „Künstliche Intelligenz in der Buchwelt“ war eines klar: Das maschinelle Lernen wird die Buchbranche verändern – teils tut es das bereits.
Wieso künstliche Intelligenz (KI) – von der die Generierung von Wissen durch lernende Computer-Algorithmen nur einen Teilaspekt darstellt – derzeit ein so großes Thema ist, hat dabei zwei Gründe, wie Stefan Kramer vom Institut für Informatik beleuchtete: die Verfügbarkeit großer Datenmengen und Fortschritte bei der Rechenleistung. Insgesamt sei die Entwicklung aber „eher eine Evolution, als eine Revolution“– und die Existenz einer zu logischem Denken fähigen KI in weiter Ferne.
Trotzdem gibt es bereits etliche Überschneidungen zwischen maschinellem Lernen und der Buchbranche. Daniel Spitzer vom Start-up „100 Worte“ führte etwa aus, wie automatische Textanalyse zur Qualitätskontrolle von Manuskripten genutzt werden könnte, oder zur Erstellung von Buchprofilen, die zur Basis von Leseempfehlungen werden.
In der automatischen Verschlagwortung von Texten sah Tobias Ott (Pagina) ein Anwendungsgebiet künstlicher Intelligenz. Er plädierte aber insgesamt dafür, die Technologie nur zu nutzen, wenn sie neue Felder erschließt – was bei Lehrwerken der Fall sein könnte, wo Computersysteme Lernschwächen eines Schülers erkennen und das Lehrwerk entsprechend personalisiert anpassen könnten.
„Gefahr, dass nur produziert wird, was sich gut verkauft“
Dass KI, etwa durch Empfehlungsalgorithmen, bereits jetzt bei der Verbreitung von Inhalten eine große Rolle spielt, stellte Holger Volland heraus, Leiter des Arts+Festivals der Frankfurter Buchmesse. Er widmete sich auch der Erstellung von kulturellen Inhalten durch KIs, dem Kernthema seines Buchs „Die kreative Macht der Maschinen“. Und stellte die Verantwortung heraus, die sich daraus und aus Verfahren wie maschinell gestützten Erfolgsprognosen ergibt: „Es besteht die Gefahr, dass am Ende nur noch das produziert wird, was sich gut verkauft – und nicht das, was Aufsehen erregt oder uns gesellschaftlich weiterbringt“, warnte er.