Sprache unter der Lupe: Pferdebahn, Straßenbahn und nun die City-Bahn
Von Lutz Kuntzsch
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WIESBADEN - „Die neue CityBahn soll Wiesbaden und Mainz sowie auch das Heute und Morgen verbinden“ – so auf der Seite im Internet zu lesen. „Und sie steht für die Vision eines emissionsfreien Öffentlichen Personennahverkehrs.“ Nicht ganz normgerecht mit großem Ö geschrieben. Die Großschreibung des Adjektivs scheint beliebt zu sein, auch wenn sie oft fraglich ist. Der Großbuchstabe im Wortinneren wie bei der CityBahn entspricht ebenso nicht den orthografischen Regeln, auch wenn er aus Werbegründen mitunter gewählt wird: die BahnCard oder das RheinMainCongressCenter in Wiesbaden. (Anmerkung der Redaktion: Wir schreiben City-Bahn, Bahn-Card und Rhein-Main-Congress-Center und übernehmen keine individuellen Schreibweisen von Firmen und Institutionen)
Im Unterschied zu den Fremdwörtern Nightliner und City haben wir bei Bahn ein Wort, das mit ban(e) seit dem Mittelhochdeutschen belegt ist und die Bedeutungen Weg, Spur, aber auch Schneise oder Schlag trägt. Auch ist es ein Kurzwort für die Pferdebahn, die erstmals 1875 in Wiesbaden und später nach Mainz verkehrte. Oder für die Straßenbahn, deren letzte Linie in Wiesbaden 1955 eingestellt worden ist.
Durch den englischen Einfluss wurde sie auch oft Trambahn (mit tram für Schiene) oder Tram Way/Tramway genannt. So heißt sie übrigens auch in slawischen Sprachen. Nun wieder eine Bahn zwischen unseren Citys bzw. (Groß-)Städten – wann sie auch immer Realität wird. Die City-Bahn-Interessenten und -Befürworter stehen den City-Bahn-Gegnern gegenüber. Letztere befürchten, viel Lärm wie bei der Mainzelbahn auf den Lerchenberg (eine Bahn als Null-Emission-Verkehrsmittel konzipiert) aus dem Gleisbett vernehmen zu müssen. Das spricht für den geräuschärmeren Busverkehr. Der Trolley-Bus (Trolley von Englisch die Rolle wie beim bequemen Koffer), auch Oberleitungsbus genannt, wäre eine Alternative. Oder dann doch der gute alte (Auto-)Bus Nummer 6 – mit der gepriesenen Eigenschaft, die Gäste in das jeweils andere Bundesland, aber dann auch wieder sicher in die Heimat ans eigene Ufer zu bringen. So könnte die City-Bahn eine Vision bleiben. Gut, wenn es die anderen Verbindungen zwischen den beiden Städten nicht sind.
SPRACHE UNTER DER LUPE
Welche (Sprach-)Geschichte haben Formulierungen, die plötzlich in dieser Zeitung und anderen Medien auftauchen? Und woher kommen bestimmte Begriffe, die in unserer Region gerade oder schon lange in aller Munde sind? Wie sind sie einzuordnen? In unserer neuen Kolumne „Unter der Lupe“ schauen sich Experten der in Wiesbaden ansässigen Gesellschaft für deutsche Sprache solche Begriffe einmal genauer an – oft vor einem aktuellen Hintergrund. Auch Ihnen ist ein Wort aufgefallen, das Sie gerne einmal erläutert hätten? Dann senden Sie doch eine E-Mail an lupe@gfds.de.