Flammende Herzen: David Böschs Inszenierung von Verdis...

Eindrucksvolle Bilder bietet Giuseppe Verdis Oper „Il Trova- tore“ in Frankfurt. Foto: Barbara Aumüller  Foto: Barbara Aumüller

Ein Bonmot des Tenors Enrico Caruso lässt ahnen, mit welchen Schwierigkeiten Opernhäuser zu kämpfen haben, wenn sie Verdis Räuberpistole „Il Trovatore“ bringen...

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FRANKFURT. Ein Bonmot des Tenors Enrico Caruso lässt ahnen, mit welchen Schwierigkeiten Opernhäuser zu kämpfen haben, wenn sie Verdis Räuberpistole „Il Trovatore“ bringen möchten. Das düstere Werk, in dessen Vorgeschichte das falsche Kind ins Feuer geworfen wird und an dessen Ende ein versehentlicher Brudermord steht, sei eigentlich leicht zu besetzen. Man müsse für die tragenden Partien nur die vier besten Sänger der Welt verpflichten.

Aus dem Baseball-Stadion auf die Opernbühne

Frankfurts Oper vollbringt ja regelmäßig Erstaunliches. Wenn dann aber eine Kandidatin für die Mezzo-Weltmeisterschaft erkrankt, wird es auch hier ganz eng. Insofern zeigte sich Intendant Bernd Loebe bei der Begrüßung des Publikums zum Saisonstart und der Ankündigung der Umbesetzung sichtlich erleichtert, die Amerikanerin Marianne Cornetti kurzfristig als Einspringerin für Tanja Ariane Baumgartner gewonnen zu haben. Noch vor ein paar Tagen habe sie in Pittsburgh die Baseball-Saison mit der Nationalhymne eröffnet. Wenn man ihr Volumen als Zigeunerin Azucena hört, glaubt man gerne, dass sie Stadien füllt. Über kleine Erosionserscheinungen wird man angesichts der Umstände weghören dürfen, zumal sie nebst mütterlichem Großformat nicht schlecht zum gebrochenen Charakter dieser tragischen Figur passen. In der Hektik der Rache hatte sie, wie das Opernleben so spielt, einst irrtümlich das eigene Kind ins Feuer geschmissen. Dabei wollte sie einen der Söhne des alten Grafen Luna töten, um den Feuertod ihrer Mutter zu sühnen. Man hatte sie als Hexe verbrannt.

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Eine Lichtgestalt, natürlich Sopran, ist dagegen Leonora, die vergeblich vom jungen Grafen und erfolgreich vom Outcast Manrico, dem Troubadour, begehrt wird. Wenn Elza van den Heever in der Partie dieser großen Liebenden vom Himmel singt, katapultiert sie das Premierenpublikum in den siebten Opernhimmel. Die Sopranistin sorgt mit dem prachtvollen Bariton Brian Mulligans als Graf Luna für die musikalisch stärksten Momente in dieser Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Garden. In London hatte David Böschs Inszenierung im Juli 2016 Premiere und brachte in Frankfurt nun unter der federnden, eher gedeckte Farben als das Grelle suchenden Leitung des italienischen Gastdirigenten Jader Bignamini eine Wiederbegegnung mit dem ehemaligen Ensemblemitglied, einer Leonora, die hier in idealer Weise Wärme und Kraft des Ausdrucks mit brillanter Höhe vereint.

Eine hochgradig dekorative Szenerie

Der Flügelschlag schwerelosen Gesangs wird im Bühnenbild von Patrick Bannwart mit niedlichen Schmetterling-Videos illustriert. Eine ironische Note hat bereits die Einblendung von bewegtem Notenmaterial in Leonoras erste Arie, in der sie die Kunst ihres Troubadours Manrico besingt. Solche Momente der Distanzierung wirken – wie die infantile Herzchen-Kritzelei – etwas hilflos angesichts der finsteren Geschichte, die von Bösch und Bannwart doch in einigen eindrucksvollen Tableaus eingefangen wird. Das Auge hört mit. Der Chor, der hier sehr pittoresk beim Kriegshandwerk arrangiert wird, dürfte im Kontakt mit dem Orchestergraben noch an Sicherheit gewinnen.

Der Panzer aus der Soldateska von Graf Luna verspricht in den Grauwerten einer verwüsteten Kriegslandschaft allerdings Brisanz, die nur ansatzweise in die szenische Tat umgesetzt wird. Rampensingen dominiert. Auch das Zigeunerleben ist, wie die gesamte Inszenierung, vor allem hochgradig dekorativ: Die herumstehenden Wagen, die sich der Operntext wünscht, sind ein putziger, für die üppige Azucena etwas klein geratener Wohnwagen und ein Autowrack, das zur Pferdekutsche umgebaut wurde. Visuelles Leitmotiv ist vom ersten Bild an das Feuer, das am Ende als flammendes Herz auflodert und an das brennende Kreuz in der letzten Münchner „Trovatore“-Produktion denken lässt. Apropos München: Das Charisma von Jonas Kaufmann bringt Piero Pretti nicht in die Partie des Manrico ein, schlägt sich aber sehr wacker auch im berühmt-berüchtigten Tenor-Prüfstein „Di quella pira“. Viele Bravos für die Sänger, deutliche Buhs gegen das Regieteam.