Im Bessunger Forst gestalten Elena Redaelli und Sara Carenzi essbare Kunstwerke - beim Finale des diesjährigen "Kunsttreffpunkts" im Waldkunstzentrum werden sie verzehrt.
Von Johannes Breckner
Redaktionsleiter Bergsträßer Echo
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DARMSTADT - Kohlrabi auf Italienisch heißt "rapa bianca". Elena Redaelli muss kurz überlegen vor der Übersetzung, immerhin wird dieses Gemüse in ihrer italienischen Heimat nur selten verwendet. Sie selbst lernte es in Norwegen kennen. Dabei schmeckt es richtig gut. Als sie mit ihrer Freundin Sara Carenzi die dünnen Scheiben trocknet, wandert jedes zweite Stück in den Mund.
Deshalb sind auch mehr Apfel- als Kohlrabischeiben in den großen Gläsern, die im Bessunger Forst neben dem Waldkunst-Kinderbauwagen stehen. Der schöne Platz beim Luftschloss ist für die nächsten Tage Schauplatz des "Kunsttreffpunkts", bei dem das Internationale Waldkunstzentrum Künstler und ihr Publikum zur Begegnung einlädt. Diesmal geht es ums Essen, und deshalb hat die Künstlerin Elena Redaelli ihre Freundin Sara Carenzi mitgebracht. Die ist experimentierfreudige Köchin, tritt im italienischen Fernsehen auf, hatte dreieinhalb Jahre ein kleines Lokal in Turin, und wenn sie davon erzählt, merkt man sofort, dass der beliebte Mittagstisch auch ein kleines Fest der Kommunikation gewesen sein muss. Die beiden stammen aus demselben Dorf am Comer See, sind seit der Schulzeit befreundet und inspirieren sich gegenseitig. Beim Kochen denkt Carenzi immer ans fertige Produkt, erzählt sie, aber hier geht es um den Prozess.
"Care, preserve, connect" ist das Vorhaben überschrieben. Schützen, bewahren, verbinden: Daran können ab Donnerstag auch Kunstfreunde in mehreren Workshops teilnehmen, eine Anmeldung ist nicht nötig, am Kinderbauwagen zwischen Waldparkplatz und Goetheteich wird man schon jemanden finden. Besucher müssen damit rechnen, erst einmal in den Wald geschickt zu werden, um möglicherweise essbare Pflanzen zu suchen. Und sie zu zeichnen: Dabei, sagt Redaelli, lernt man sie am besten kennen. Die international aktive Künstlerin ist mit diesem Flecken Erde gut vertraut, schon zwei Mal war sie auf dem Waldkunstpfad vertreten, einmal mit schwingenden Sitzen, davor mit einem riesigen Spinnennetz, das sie über den Waldboden geknüpft hatte. Denn eigentlich ist sie Textilkünstlerin. Man sieht es, wenn sie elastische Reispapierblätter zwischen ihren Fingern reibt, als wären sie ein Stück Stoff. Bei Ute Ritschels chinesischen Waldkunst-Gastspielen hatte sie die Besucher unter anderem mit einem Wasserfall aus blauen Wollfäden verblüfft - recyceltes Material wie oft in ihren Arbeiten.
Mit dem Essen spielt man nicht? Die Künstlerin Elena Redaelli (links) und die Köchin Sara Carenzi machen aber wunderliche Kunstwerke daraus. Foto: Guido Schiek
Nach der Feldforschung geht es darum, essbare Kunstwerke zu machen. Wie sie aussehen könnten, haben die beiden Italienerinnen schon einmal ausprobiert. Getrocknete Obstscheiben verbinden sich zu einer beweglichen, stoffähnlichen Oberfläche, Reispapier ist mit Lebensmittelfarbe bemalt, ein Eierteig sieht aus wie ein wild wuchernder Baumpilz, auf dem Tisch breitet sich brauner Karamell mit Goldglitzer aus. Warum nur schmeckt er so besonders? Sara Carenzi lacht, sie hat ihre Tricks, aber sie verrät sie auch: ein paar Spritzer Zitrone sorgen für die Frische.
"Die Menschen sollen kommen und aktiv werden", wünscht sich Waldkunst-Kuratorin Ute Ritschel und ermuntert zur Recherche im Wald: "Kunst muss immer auch mit dem Ort zu tun haben, an dem sie entsteht." Auch für Sara Carenzi und Elena Redaelli ist diese Art von Umgang mit Lebensmitteln neu. Sie werden auf diese Weise bewusster wahrgenommen, hofft die Künstlerin. "Wir sollen auf die Natur und auch auf uns selbst achten."
Mit dem Essen spielt man nicht? Die Künstlerin Elena Redaelli (links) und die Köchin Sara Carenzi machen aber wunderliche Kunstwerke daraus. Foto: Guido Schiek
dfie ital. Künstlerin Elena Redaelli und Köchin Sarah Caqrenzi planen ein Kunstprojekt am Waldkunstpfad. Foto: Guido Schiek
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KUNSTTREFFPUNKT: WORKSHOPS IM WALD
Öffentliche Workshops mit Elena Redaelli und Sara Carenzi am Donnerstag, 11. Juli, und Freitag, 12. Juli, von 15 bis 18 Uhr, am Samstag, 13. Juli, von 11 bis 14 Uhr. Kinderworkshop am Sonntag, 14. Juli, von 14 bis 17 Uhr. Treffpunkt am Kinderbauwagen, zwischen Waldparkplatz am Polizeipräsidium und Goetheteich gelegen. Abschluss des diesjährigen Kunsttreffpunkts ist das gemeinsame Essen der Ergebnisse am Freitag, 19. Juli, ab 18 Uhr im Waldkunstzentrum an der Ludwigshöhstraße 137. (job)