Ein Hingucker im neuen Intef: Die Entwicklungsstadien der berühmten Stereoanlage, die Designer Dieter Rams für die Firma Braun entworfen hat, werden vereint zur Skulptur. Foto: Guido Schiek
( Foto: Guido Schiek)
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DARMSTADT - Ringsum ist Baustelle: Richtung Süden und Westen ist die Neugestaltung des Friedensplatzes voll im Gang, nördlich wurde der breite Pflasterstreifen Richtung Zeughausstraße abgetragen, und direkt ans Haus grenzen die Container der Bauleitung. Man möchte meinen, drinnen im „Waben“ lässt es sich derzeit ziemlich ungemütlich an. Ute Schauer, die Geschäftsführerin des Darmstädter Instituts für Neue Technische Form (Intef), wirkt trotzdem fast tiefenentspannt. Denn der Umzug der Design-Sammlung ins frisch sanierte Haus ist geschafft. Und: „Wir haben zunehmend Freude an diesem Gebäude. Es kann sehr spannend werden, diese Räume mit Ausstellungen zu bespielen.“
Räume? Eigentlich ist im „Waben“-Betonbau, der im Besitz der Stadt Darmstadt ist, außer den Sanitäranlagen und einer kleinen Küche alles nur ein Raum: viele Kubikmeter, die durch die charakteristische Sechseckform des Gebäudes, eine als Quasi-Obergeschoss umlaufende breite Galerie, wenige Trennwände sowie die großen Fenster gegliedert werden.
Wie gut sich diese große Öffnung im Inneren wie auch nach außen jedoch mit den Dingen verträgt, die hier – wohl ab 1. März – auf etwa 350 Quadratmeter Fläche zu sehen sind, wird schon jetzt klar. Das städtische Darmstädter Immobilienmanagement IDA hat die alte Gastronomieeinrichtung herausnehmen und die Haustechnik sanieren lassen. Mit strahlendem Weiß auf den wenigen Wandflächen wird diese strenge Architektur nun zu einer perfekten Umgebung für das Industriedesign des 20. Jahrhunderts, das zwischen Ende November und vergangenem Monat aus dem „Lange Bäuchen“ an der gegenüberliegenden Seite des Friedensplatzes an den neuen Standort gebracht wurde.
Ein Hingucker im neuen Intef: Die Entwicklungsstadien der berühmten Stereoanlage, die Designer Dieter Rams für die Firma Braun entworfen hat, werden vereint zur Skulptur. Foto: Guido Schiek Foto: Guido Schiek
Im „Waben“ wird eingeräumt: Die ersten Ausstellungsstücke des Instituts für Neue Technische Form haben ihren Platz im Sechseckbau am Darmstädter Friedensplatz bereits gefunden. Foto: Guido Schiek Foto: Guido Schiek
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Ncht nur die dekorativ in die Höhe gebaute Sammlung von Thonet-, Charles-Eames- oder Philipp-Starck-Stühlen stößt auf das Interesse derer, die von außen durch die Fenster schauen. Auch die ersten Gläser und Porzellane haben ihren Hingucker-Platz in einem Regal direkt vor einem Fenster gefunden, und in der Raummitte kann man in einer Mini-Schau Produkte nach Entwürfen von Jupp Ernst sehen.
Momentaner Höhepunkt dürfte jedoch das kleine Dieter-Rams-Departement sein. Wer mag, kann es sich hier während der Kernöffnungszeiten montags bis freitags von 11 bis 18 Uhr in von Rams entworfenen Sesseln bequem machen und von dort aus auf seine berühmten Phonotechnik-Entwürfe für die Firma Braun gucken. „Wir merken, dass der Blick durch die großen Fenster Neugierige anlockt.“
DAS HAUS DER VIELEN LEERSTÄNDE
Leerstände scheinen das Schicksal des 1969 errichteten „Waben“-Baus, der der Stadt Darmstadt gehört.
Bei der Eröffnung befand sich im Haus ein Café, im Untergeschoss war eine Disko. Betreiber des Cafés war der Architekt Jakob Mengler. Allerdings nur für zwei Jahre: Ende 1971 wurde sein Café geschlossen, weil es unrentabel war.
Als Pächter folgte zunächst für zehn Jahre Gerhard Wolf mit seinem Möbelgeschäft „Funktion“. Dann stand der Bau erstmals drei Jahre leer, weil sich keine geeignete städtische Nutzung fand – bis die Stadt das Erbbaurecht auf Wolf übertrug, der mit dem Möbelhaus zurückkehrte.
Von 2007 bis 2008 war das Haus erneut ohne Nutzer. Dann übernahmen es zwei Gastronomen und machten für 2,5 Millionen Euro wieder ein Café samt Lounge-Bar daraus, nun unter dem Namen „Waben“, der auf die Architektur des Hauses Bezug nimmt.
2009 folgte der dritte Leerstand – bis von 2012 bis 2015 das Restaurant „Viva El Sol“ einzog.
Jetzt will die Stadt Darmstadt den Bau dauerhaft für kulturelle Zwecke nutzen. (aka)
Offenheit verschreibt das Intef aber auch sich selbst. „Im ,Waben‘ können auch andere Veranstalter aktiv werden. Wir arbeiten gern mit jedem zusammen, wenn sich die Inhalte vertragen“, sagt Ute Schauer. Der Fachbereich Gestaltung hat das Angebot bereits für ein Seminar genutzt, im Mai will der Bund Deutscher Architekten (BDA) Darmstadt hier eine Ausstellung zu den diesjährigen Gewinnern seiner Olbrich-Plakette gestalten. Trotzdem wird auch dieses Gebäude für das Intef erneut nur Zwischenstation sein. Seit dem Jahr 2007, als Institut und Sammlung aus ihrem ursprünglichen Domizil im Alfred-Messel-Haus auf der Mathildenhöhe ausziehen mussten, war man interimsweise im „Lange Bäuchen“ untergekommen. Doch da dort nun ein Museum entstehen soll, das die Geschichte der Verfolgungen und Stigmatisierungen von Sinti und Roma dokumentiert, stand ein rascher Umzug an.
Als Dauerstandort für das Intef hatte die Stadt schon zuvor das „Kreativquartier“ ins Spiel gebracht, das nach städtischem Willen an der Kirschenallee entstehen soll; im Institut selbst würde man lieber in eines der Gebäude umziehen, die im Zuge der Unesco-Bewerbung für die Künstlerkolonie am Osthang der Mathildenhöhe entstehen sollen. Auf die Frage, wann dieser nächste Umzug ansteht, sagt Ute Schauer: „Wir wissen es nicht so genau. Unser letzter Stand ist, dass das Intef hier fünf Jahre bleiben kann. Für ein oder zwei Jahre hätte sich der Umzug auch nicht gelohnt.“