ELTVILLE - Zwei Werke, in welchen sich Ludwig van Beethoven neue Gattungen erschloss, präsentierten die Schiersteiner Kantorei unter ihrem Leiter Clemens Bosselmann und das Bach-Ensemble Wiesbaden in der Basilika von Kloster Eberbach: Die Sinfonie Nr. 1 und die Messe C-Dur. Eine Programmerweiterung unkonventioneller Art sollte sich in der Pause einfügen.
Von den ersten Takten an aufregend gestaltete sich das die Sinfonie eröffnende Adagio, schimmernde Konturen traten zutage; warm, leichtfüßig und mitreißend entspann sich die Musik. Unter Bosselmann fing das Bach-Ensemble Wiesbaden eine Aufbruchstimmung ein.
Orchester spielt tänzerisch und farbenreich
Liedhaft ist der Charakter des zweiten Satzes. In ihm frönte das Orchester einem schönen Klang. Tänzerisch gleitend war die Deutung. Springend wie farbenreich tönte das Menuett. Unter Clemens Bosselmanns Leitung gelang es dem Bach-Ensemble Wiesbaden, mit diesem Werk für ein besonderes Hörerlebnis zu sorgen. Die feierliche Erhabenheit der Musik trägt klassische wie romantische Züge. Überaus klar wiesen die Violinen in den Finalsatz, welchen ein edler, dabei verspielter Impetus prägte.
So trat man beeindruckt vor die Basilika, wo der Künstler Waldemar Erz fünf seiner Gemälde aufgehängt hatte. In seinem Stil finden sich Elemente aus Pop- und Street-Art. Das Bild „Geiger“ erinnert stark an David Garrett, es kommen Effekte zum Zuge, die dreidimensionale Eindrücke hervorrufen. Im Angesicht des Publikums arbeitete Erz an einem Portrait Ludwig van Beethovens, nachdem er gerade die 1. Sinfonie erlebt hatte.
Künstler Erz arbeitet in der Pause vor Publikum
Der gegenwärtige, poppig angehauchte Ansatz von Erz bildete einen vitalen Bezugspunkt zum Gehörten. Es sei freilich ungewöhnlich, direkt vor den Konzertbesuchern zu arbeiten, meint Erz, der im rheinhessischen Nieder-Olm lebt. Dann die Messe in C-Dur: Ganz licht war der Einstieg der Schiersteiner Kantorei ins Kyrie, immer dichter wurde die Interpretation des langsam angelegten Kopfsatzes. Schwebend trug das Bach-Ensemble Wiesbaden die Schiersteiner Kantorei und das fulminante Solistenquartett (Cornelia Winter: Sopran, Ulrike Malotta: Alt, Christian Rathgeber: Tenor, Thomas Gropper: Bass).
Freudig wie machtvoll erfüllte das Gloria die Basilika. Schön gestaltete sich der Wechsel zwischen Christian Rathgeber und Chor, eindringlich sang Malotta zu Beginn des zweiten Teils (Qui tollis peccata mundi, misere nobis).
Unter Bosselmann war die Deutung transparent, Kontemplation wurde vermittelt, packende Steigerungen folgten. Eine opulent-nuancenreiche Interpretation.
Aufs Anmutigste miteinander verwoben waren die Stimmen der Solisten im Benedictus, geschmeidige Signale kamen zu Beginn des Satzes vom Cello; weihevoll stieg der Gesang der Schiersteiner Kantorei auf. Tief spirituell war das Agnus Dei. Großer Beifall erfüllte die Basilika.