Welche Bedeutung haben die Ideen des Bauhauses heute? Danach fragt das Staatstheater beim Festival "Bauwhat?", das von einer Summer School für Studierende begleitet wird.
Von Johannes Breckner
Redaktionsleiter Bergsträßer Echo
Auf dem Büchnerplatz entsteht eine Festivalbühne, gebaut vom "DIESE Studio" und Designstudenten. Foto: Andreas Kelm
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DARMSTADT - Die Staatstheater-Fassade verändert sich. Jedenfalls auf Zeit: Am Dienstagmorgen begann das Gestalterkollektiv "DIESE Studio" mit der Verbreiterung des Vordachs, Kulissenteile zu beiden Seiten des Eingangsportals sollten folgen. Aber das ist erst der Anfang. Mehr als 20 Studierende des Darmstädter Designwissenschaftlers Florian Walzel haben in mehrtägigen Workshops Entwürfe entwickelt, die sie in den kommenden Tagen realisieren. "Sie bauen sich ihre Summer School selbst", sagt Jurek Werth vom DIESE Studio.
Vorgaben gab es nicht, aber praktische Anforderungen. Denn das Klassenzimmer auf dem Büchnerplatz wird zum Zentrum eines Festivals. Die Summer School ist Teil des Projekts "Bauwhat?", mit dem das Staatstheater vom 20. bis 29. Juni den runden Geburtstag der gesellschaftlich orientierten Gestaltungsschmiede würdigt. "Retrospektiv darauf zu blicken, das machen ja alle", sagt Roman Schmitz, der künstlerische Leiter des Festivals. "Wir wollen nach vorne gucken und den Bauhaus-Gedanken für Darmstadt transformieren."
Darüber nachzudenken, was die Bauhäusler heute beschäftigt hätte: Das könnte in einer Stadt mit vielen Designstudenten ja ein dankbares Vorhaben sein. Die Studierenden sind die Sache erst einmal praktisch angegangen, sie haben aber auch ein Manifest geschrieben, in dem unter anderem das Prozesshafte ihrer Arbeit betont wird. Mit der Festivaleröffnung, vermutet Werth, wird die Gestaltung nicht abgeschlossen sein. Gleichzeitig soll das Gehäuse inhaltlich gefüllt werden. Die Idee ist es, den Zusammenhang zwischen Gestaltung und gesellschaftlichen Entwicklungen im Detail zu untersuchen und zu erproben. Dabei geht es auch um die Ausbildung. Welche Kompetenzen soll eine Gestaltungsschule der Zukunft vermitteln? Geht es nur um Design oder auch um die Begründung einer Wertegemeinschaft? Erste Antworten könnte die öffentliche Diskussion am 28. Juni liefern, bei der das DIESE Studio auf der Bühne des Festivalzentrums eine erste Bilanz der Summer School wagt.
FESTIVAL UND "DIESE STUDIO"
"Bauwhat?" heißt das Festival, mit dem das Darmstädter Staatstheater von 20. bis 29. Juni an die Geschichte des vor hundert Jahren gegründeten Bauhauses anknüpft. Zu sehen sind Gastspiele und Eigenproduktionen von Tanz und Theater, Musik und Performance. Parallel gibt es eine Summer School für Darmstädter Design-Studierende.
Summer School und Festivalzentrum wurden mit vorbereitet vom Gestaltungsbüro "DIESE Studio"Es ist hervorgegangen aus dem Verbund "das blumen", der vor zwei Jahren schon das Festivalzentrum für die Hessischen Theatertage auf den Büchnerplatz gebaut hatte. In "DIESE Studio" arbeiten Architekten, Kom munikations- und ein Industriedesigner zusammen, die weitere handwerkliche Fähigkeiten mitbringen. (job)
Dann können auch die Besucher ihre persönliche Bilanz des Erlebten beginnen. Denn hinter der Frage "Bauwhat?" steht auch ein Theaterfestival mit Gastspielen, Workshops, Vorträgen und Installationen. Viele Tanzfreunde werden sich freuen, dass gleich zur Eröffnung am 20. Juni Gerhard Bohners Rekonstruktion des "Triadischen Balletts" von Oskar Schlemmer erneut in Darmstadt gastiert. Wie schon vor drei Jahren war das Interesse an den Karten mächtig, darum gibt es jetzt zwei Vorstellungen um 16 und 21 Uhr.
Kurt Schmidts "Mechanisches Ballett" stand Pate für die Installation "Prometheus Lyomenes Air", bei der Niels Wehr im Foyer Drohnen steigen lässt. In "bewegte.bauhaus.bilder" rekonstruiert Karoline Hofmann die Bühnenfassung, die Wassily Kandinsky 1928 von Mussorgskys "Bildern einer Ausstellung" erarbeitet hatte. Das Darmstädter Kollektiv "copy & waste" lädt ein zu einem multimedialen Gang durch die Naturphilosophie, der die Sehnsucht nach Natur unabhängig von ihrer Bedrohtheit stillen soll. Es gibt experimentelle Übersetzungen der Bauhaus-Ästhetik in die Körpersprache des Tanzes und ein Live-Hörspiel aus Theresia Enzensbergers Roman "Blaupause". Roman Schmitz inszeniert die Geschichte der Frauen, die mit großen Ideen ans Bauhaus kamen und meistens in der Weberei landeten. Johanna Krimmel begleitet die Aufführung als Live-Zeichnerin.
Auch mit einem weiteren Talent sind die Mitglieder des Bauhauses Vorbild für Darmstadt. "Sie haben immer viel gefeiert", sagt Schmitz. Das wird die beiden Festival-Wochenenden prägen. Bereits am 22. Juni wird der Büchnerplatz vom Fest "besser.schöner.glücklicher" belebt. Die freie Theaterszene ist dabei, Ann Dargies tritt, was sonst, als Bauhaus-Clown auf, und bei Einbruch der Dunkelheit bespielt das Frankfurter Antagon-Theater den schönen Platz mit einer großen Show. Bevor am nächsten Morgen wieder die hellen Gedanken gefragt sind.