Ungewohntes aus dem Zwischenreich

aus Tatort & Polizeiruf 110

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Thiel (Axel Prahl, l.) und Boerne (Jan Josef Liefers) sind nicht ganz sie selbst. Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Martin Valentin Menke

"Tatort" Münster – immer das Gleiche. Die üblichen Plänkeleien, mehr Gag als Spannung. Diesmal nicht.

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. "Limbus" räumt mit all den Vorurteilen auf, die sich bislang über das Duo Liefers/Prahl im Kopf verfestigt haben.

Boerne (Jan Josef Liefers) plant eine mehrmonatige Auszeit, um in Holland ein Buch über das Thema Tod zu verfassen. Vertreten soll ihn in dieser Zeit ein Kollege aus Brasilien, Dr. Jacoby (Hans Löw).

Doch zu Boernes Urlaub kommt es nicht. Denn er überschlägt sich nachts mit seinem Auto. Es gelingt ihm, sich aus dem Wrack zu befreien, doch weder die eintreffenden Rettungskräfte noch sein Kollege Thiel (Axel Prahl) nehmen ihn wahr. Boerne scheint unsichtbar zu sein und sieht dabei zu, wie sein Körper schwerverletzt aus dem Fahrzeug geborgen wird. Es erscheint ein zweiter Thiel auf der Bildfläche, der Boerne mitnimmt in den Limbus, den Vorhof zur Hölle.

Während Boernes Körper im Koma liegt, muss seine Seele im Zwischenreich darauf warten, dass sein Fall geklärt ist und ein Paternoster Boernes Seele Richtung Himmel oder Hölle bringen wird. Doch in der Abteilung Römisch II hält es Boernes Seele nicht aus. Er büxt seinem Sachbearbeiter aus und versucht als Geist sein Möglichstes, um Thiel und seine Assistentin Haller (ChrisTine Urspruch) dazu zu bringen, seinen Unfall zu hinterfragen – ebenso wie die Identität des Mannes, der vorgibt, Dr. Jacoby zu sein.

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Es klingt zugegebenermaßen absolut schräg, was Regisseur Max Zähle da auffährt. Ist es auch. Aber mindestens genauso genial. Es sind viele Klein- und Feinheiten, sei es in der Bildgestaltung, in den Dialogen oder in dem großartigen Spiel der Figuren, die "Limbus" zu einem Fernsehgenuss machen. Der "Tatort" aus Münster kann tatsächlich auch ernster daherkommen, die amüsanten Pointen bleiben aber nicht aus, sondern sind fein gesetzt. Emotional wird es hier und da auch – etwa in dem Moment des kurzen Wiedersehens zwischen Boerne und der verstorbenen Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter).

Nicht alle werden begeistert sein von dieser gewagten Fassung eines Münsteraner "Tatorts", aber wer sich drauf einlässt, wird einiges geboten bekommen. (Conny Holtfoth)

Das Erste zeigt den "Tatort: Limbus" am Sonntag, 8. November, um 20.15 Uhr.