Es fliegen Bananen durch die Luft, es wird scharf geschossen und es fließt Farbe. Und zwar so viel, als ginge es darum, sich entschlossen gegen die dunkle Jahreszeit zu...
WIESBADEN. Es fliegen Bananen durch die Luft, es wird scharf geschossen und es fließt Farbe. Und zwar so viel, als ginge es darum, sich entschlossen gegen die dunkle Jahreszeit zu stellen. Der Herbst in den Wiesbadener Galerien verspricht intensiv zu werden. Das zeigt ein Besuch in den Galerien DavisKlemm, Hafemann und Kunst-Schaefer.
Geprägt von Trennung, Flucht und Grenzen
Jahreszeiten-Blues hin oder her, gerade der Herbst in Deutschland sei doch eine passende Zeit, um eine politische Ausstellung zu zeigen. Davon jedenfalls ist Erika Davis-Klemm überzeugt. Die Bauarbeiten in ihrer Galerie in Kostheim gingen erst vor wenigen Monaten zu Ende. In das funktional gestaltete Gebäude mit seinen schneeweißen Wänden und den hellen Etagen hätte kaum besser eine Ausstellung wie die von Thomas Baumgärtel und Harald Klemm gepasst. Leuchtende, poppige Farben, Graffiti-Techniken und Siebdrucke, die die Chronik des Mauerfalls zeigen, erzeugen einen Kontrast, der jeden durch die Tür kommenden Besucher sofort aufblicken lässt.
Seit 1999 arbeiten die Kölner Künstler an ihrem Zyklus „Deutsche Einheit“. Aus dem Blickwinkel der zeitgenössischen Kunst kommentieren sie dabei die jüngere Geschichte, die geprägt ist von Trennung, Flucht, Grenzen und deren Überwindung. „Erst im März gab es eine Sonderausstellung im ehemaligen Regierungsbunker in Bad-Neuenahr-Ahrweiler. Es war damals die Erste“, sagt Erika Davis-Klemm, die übrigens nicht verwandt ist mit Harald Klemm. Immer wieder vereinen die Künstler ihre Artefakte für Ausstellungen, um sie in der ganzen Welt zu präsentieren. „Brüder“ heißt das Werk, in dem sich Klemm mit den persönlichen Erfahrungen der Mauer auseinandersetzt, die für eine lange Zeit seine Familie auseinanderriss. Dennoch beherrscht eine gewisse Leichtigkeit die Ausstellung. Ihre Bilder sollen der Diktatur trotzen, setzen der Obrigkeit urbane Kunsttechniken entgegen und schieben damit Ideologien beiseite. Ein Symbol, das dabei für die Freiheit und gegen den Ernsthaftigkeitsterror steht, ist die Banane. „Sie ist zu Thomas Baumgärtels Werkzeug geworden“, erklärt Davis-Klemm, deren Wohnhaus nun auch die berühmte Spraybanane ziert, genau wie etwa das Guggenheim in New York oder das Puschkin-Museum in Moskau.
Eine Banane als Waffe? Für Silvia Becks Alter Ego Viola Kamp vermutlich zu harmlos. Zu heikel sind die Missionen, die sie schon durch alle Kontinente führten. Ihre Ausstellung „Shift“ in der Galerie Hafemann widmet sich dem Phänomen. Die Künstlerin zielt auf öffentlichen Bilder ab: Kongresse, Vernissagen oder alltägliche Begegnungen auf der Straße. Kamps Rolle ist dabei die der Geheimagentin. Ermittlungsergebnisse werden auf Fotos, Collagen oder Videoanimationen festgehalten. Manchmal genügt auch eine einfache Serviette: „Ich frage mich, wie lange ich dieses Versteckspiel noch durchhalte“, steht darauf und stellt gleichzeitig die Frage, wer hier wirklich spricht. Künstlerin oder Kunstfigur? In gesellschaftliche Strukturen eintauchen, um an den Kern zu kommen, lautet ihre Aufgabe. Im Obergeschoss der Galerie ist auch das Zielkreuz auf eine Wand gemalt, auf das Viola Kamp innerhalb ihrer Performance mit einer Pistole schießt.
Ob ihre Ermittlungen auch in der Ukraine vorbeiführten, konnte nicht geklärt werden. Vielleicht wäre ja Viola Kamp dort, irgendwo in Kiew, zufällig auf Larisa Klushkina gestoßen. Kunst-Schaefer zeigt aktuell die Malereien der Künstlerin. Energiegeladen zeigen sich die expressiven Pinselstriche, die es von den Betrachtern zu erspüren gilt. Die Emotionen stehen im Vordergrund. Kraftvolle Linienführungen, die mit der Spachtel in die Farbe gearbeitet wurden, verleihen den Figuren ihre dynamischen Formen. Es ist der weibliche Körper, der dabei im Zentrum ihrer aktuellen Werkgruppe steht. Gemeinsam mit den ebenfalls ausgestellten Holzskulpturen des aus Bad Kreuznach stammenden Künstlers Frank Leske, entsteht in der Galerie eine Symbiose, die den Rhythmus zwischen Werken ganz alleine vorgibt.