"Selbstporträts" nennt Ariel Auslender seine Ausstellung, die heute in der "Kunstpunkt"-Galerie eröffnet wird. Foto: Andreas Kelm
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DARMSTADT - Im Wikipedia-Eintrag steht derzeit noch, was Kenner der Darmstädter Kunstszene nicht nur wissen, sondern auch zu würdigen wissen: "Ariel Auslender (*15. Dezember 1959 in Buenos Aires) ist ein deutscher Bildhauer argentinischer Herkunft", ist da zu lesen. Denn als Bildhauer wurde Auslender zunächst 1989 künstlerischer Assistent am Fachgebiet Plastisches Gestalten der TU Darmstadt, dann 2006 dort ordentlicher Professor. Und mit seinen Plastiken und Freiplastiken wurde das langjährige Vorstandsmitglied der Neuen Darmstädter Sezession dazu regional wie überregional als Künstler bekannt.
Doch nun stellt sich in der Darmstädter "Kunstpunkt"-Galerie ein anderer Ariel Auslender vor. "Ich male seit drei bis vier Jahren. Es wurde immer mehr und mehr, jetzt male ich fast nur noch. Dabei lerne ich bei jedem neuen Werk Neues, das ich bei den vorherigen, die noch im Atelier stehen, dann gleich durch Übermalungen wieder anwende", sagt er mit Blick auf die Ölporträts auf Leinwand oder Papier ringsum.
"Selbstporträts" heißt die Schau, und mit einer Ausnahme sind es auch alles Männer, die den Betrachter da frontal mit trotzig-verschlossenem Blick fixieren. Aber es ist niemals Ariel Auslender: "Ich weiß, der Titel irritiert", sagt der Künstler. Und erklärt: "Auch wenn alle meine Vorlagen Fotografien Fremder sind, beispielsweise alte US-Fahndungsfotos, erkenne ich mich trotzdem in allen stark wieder, bin ich selbst Täter wie Opfer, Metzger wie Heiliger."
WANN UND WO
Die Ausstellung in der Darmstädter Galerie "Kunstpunkt" an der Kaupstraße 44 wird heute, Freitag, 13. April, von 19 bis 21 Uhr eröffnet; sie ist danach bis Sonntag, 22. April, freitags bis sonntags von 16 bis 19 Uhr zu sehen. (aka)
Denn da ist "Nicodemus": in der Bibel ein von Jesus bekehrter Pharisäer, auf Auslenders Leinwand ein moderner Mann mittleren Alters, der eine tote Frau im Arm hält. Ist sie ein Opfer des Krieges, der die Stadt im Hintergrund zerstört hat, er dazu passend ein Flüchtling? Da ist aber auch "Der Metzger" gleich daneben - ein feister Schlachter, der mit seinem bedrohlichen Werkzeug in der Hand den Kopf des Schweins präsentiert, das er wohl gerade getötet hat. Ob er in einem Wutanfall vor Menschen Halt machen würde?
"Der König der Meere" ist ein Mafioso in Al-Capone-Manier, der "in seiner Profitgier die Meere verpestet", so die Geschichte, die Ariel Auslender mit diesem Unsympathen verbindet. Dieser "König" war 2017 eines seiner ersten Leinwandgemälde: "nach drei Jahren intensiver Arbeit mit Farbe auf Papier. Man sagt, wer im Zeichnen geübt ist, kann von der Bildhauerei zur Malerei umspringen. Aber es bedeutet Einsatz", so Auslender.
Und Offenheit für Weiterentwicklung im - offensichtlich geliebten - Kampf mit dem neuen Medium, mit Techniken wie Materialien. Während der "König der Meere" durch Collagierungen und Mehrfachübermalungen fast zentimeterdick auf der Leinwand liegt, bringt "Die Geisha" nicht nur durch ihren gelben Mantel Eleganz an die Wand, sondern auch durch sicheren, dünneren Strich. Die stilistische Ausrichtung war dabei wohl rasch klar. Ariel Auslender bleibt als Maler "Subjekten" verhaftet: gleichnishaften Porträts, die er mit zwar breitem Strich, aber auch ganz traditionellem Licht und Schatten fast neusachlich auf den Bildträger bringt.
Der Künstler bringt das Werkstatt-Gefühl, das sich für ihn mit der Entwicklung dieser Malerei verbindet, mit einer Anzahl von "Studien", wie er sie nennt, in den kleinen Ausstellungsraum. Diese Porträts auf Papier sind Experimentierfelder, wie sich beispielsweise aus zwei gemalten Versionen desselben Fotos ablesen lässt. Es verblüfft, aus wie vielen Komponenten ein Männergesicht einerseits zusammenwachsen muss, um "stimmig" zu sein, wie es sich durch Farbgebung und -markierung aber auch völlig in seiner Aussage verändern lässt.