"Hier gibt's nichts zu lachen" von Hans Martin Dober
DAS BUCH
Hans Martin Dober (Herausgeber)
Religion und Humor
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. 235 Seiten, 39 Euro
So hat man sich die Humor-Hölle vorzustellen: Theologen und Philosophen sitzen beisammen und erzählen Witze - mit Anmerkungen und Literaturverzeichnis. Plastisch werden lässt die Vorstellung der Sammelband "Religion und Humor", der Beiträge einer Ringvorlesung vereint. Schon klar: Es handelt sich um eine wissenschaftliche Publikation mit entsprechendem Anspruch, für welche die bierernste Reihe "Neukirchener Theologie" steht.
Aber selbst bei dieser Ausgangslage hätte die Witzpolizei einschreiten und den ein oder anderen Katheder-Humoristen in die Schranken weisen müssen. Der Turiner Philosoph Andrea Poma etwa trägt einen auch für Philologen unverständlichen Theorie-Exzess bei, der an entscheidender Stelle zum Schluss kommt: Der obduzierte Autor, Jean François Lyotard, hat sich kein bisschen mit Humor beschäftigt.
Für Spaßsucher gibt die Bibel nichts her
Gut, das kann auch eine Pointe sein, zumal Herausgeber Hans Martin Dober mit der traurigen Wahrheit nicht lang hinterm Berg hält: Die Bibel gibt für Spaßsucher so gut wie nichts her. Auf der Grundlage dieses niederschmetternden Befundes haben einzelne Texter in Christentum und anderen Religionen durchaus Berichtenswertes zum Thema gefunden: sei es der "unfreiwillige Humor der geschlechtergerechten Bibelübersetzung", in der die "Geschwister" unterschiedslos beschnitten werden, sei es die Beobachtung, dass Mohammed offenbar mehr Spaß verstand als seine heutigen Exegeten.
Der Humor konnte subversives Kampfmittel im jüdischen Untergrund sein oder Waffe im Streit um die Auslegung des Schriftworts. Dort aber, wo er am konkreten Beispiel manifest werden soll, verflüchtigt er sich in diesem Buch, dessen Leser mit abseitigen Definitionen auskommen müssen. Die von Wilhelm Gäb aufgegriffenen Auseinandersetzungen um Bilder etwa oder die Sichtweise der Jona-Erzählung als Satire ("eine völlig unrealistische Erzählung ... in der Jona vom Erzähler der Lächerlichkeit preisgegeben wird") brauchen einen Begriff von Humor, den außerhalb der Fakultäten niemand teilen wird.
Immerhin Magnus Striet probiert es handfester: Kann der dreieinige Gott des Christentums mit sich selbst Skat spielen und wäre das fair, fragt er listig und leitet existenzialistisch ab: Wenn es Gott gibt, kann er auch lachen.
Über dieses Buch vermutlich nicht, dessen Leitthema eine erstaunliche Anzahl von Autoren die Gefolgschaft verweigert. Der Aufsatz "Musik & Humor" zum Beispiel schließt geistliche Musik kategorisch aus und erläutert, dass Mozarts "Musikalischer Spaß" ein Spaß ist - ein Aberwitz, denn allein in Bachs Passionen lässt sich genug Material für einen eigenen Band finden. Psychotherapeutische Betrachtungen führen zu Erkenntnissen wie: Lachen ist gesund, und bei Luther gibt es noch weniger zu holen als bei Mohammed. Es sei denn, jemand mag über die ätzende Verächtlichmachung von Juden lachen. Wenigstens dieser Spruch des Reformators zeugt vom Versuch, witzig zu sein: "Weiber Regiment nimmt selten ein gut End".