Mittwoch,
04.12.2019 - 00:00
3 min
Darmstädter Schader-Stiftung ermuntert zum Perspektivwechsel

Von Johannes Breckner
Leiter Kulturredaktion Darmstadt

Kleine Runde beim Großen Konvent: Die Nutzer und Partner der Schader-Stiftung beraten über deren Themen. (Foto: C. Rau/Schader-Stiftung)
DARMSTADT - Man kennt das ja von wissenschaftlichen Kongressen. Einführungsvorträge, Kaffeepause, Referate, Diskussionen, Kaffeepause. Frontalunterricht auf hohem Niveau, und am Ende ringt ein Schlussredner um die Formulierung eines möglichst gewichtigen Fazits. Wenn die Schader-Stiftung in Darmstadt der Wissenschaft einen Raum gibt, geht es anders zu. „Mut zur Methode“ nennt es Alexander Gemeinhardt, Vorsitzender des Vorstands und Direktor des Stiftungszentrums an der Goethestraße. Als im November der „Große Konvent“ der Stiftung tagte, dauerte die Einführung gerade mal 15 Minuten, die gleich sechs Perspektiven auf das Thema „Du bist nicht allein“ eröffneten, dann zwei kurze Keynote-Referate, bevor es in die thematisch sortierten „Dialog-Cafés“ ging. Und am Ende gab es keine tiefschürfende Zusammenfassung, sondern eine Art Kneipen-Quiz zu den Themen des Tages.
Kein Wunder, dass die Einladungen zu dieser Veranstaltung begehrt sind. Der Große Konvent führt Nutzer und Partner der Stiftung zusammen und bringt sie miteinander ins Gespräch. Gegenstand ist nichts weniger als die Arbeit der Stiftung selbst: Welche Themen lassen sich fürs kommende Jahr identifizieren, um den produktiven Verbund von Gesellschaftswissenschaften und Praxis in Gang zu setzen? Das Thema für 2020, „Das Erleben der Anderen“, lädt ein zum Perspektivwechsel, unter dem sich die Vorhaben der Stiftung noch einmal neu betrachten lassen. Von außen mag die Verfassung dieser Stiftung nicht ganz einfach erscheinen. Aber die verschiedenen Gremien verfolgen das Ziel, die Nutzer in die Planung einzubinden. „Es ist eine spannende Sache, den Partnern zuzutrauen, die Richtung wirklich zu bestimmen“, sagt Gemeinhardt. Neben dem großen gibt es den „Kleinen Konvent“, der die Stiftung in wissenschaftlichen Fragen berät und über ihre satzungsgemäße Arbeit wacht. Durch rotierende Wechsel ist eine beständige Erneuerung gewährleistet, neu hinzugewählt wurden der junge Berliner Politikwissenschaftler Anselm Hager und die Kommunikationsforscherin Ulrike Röttger aus Münster. Schließlich gibt es den Senat der Stiftung, in dem die ehemaligen Schader-Preisträger darüber befinden, wer als nächster die begehrte Auszeichnung erhalten soll.
Im nächsten Jahr wird das Stiftungszentrum zehn Jahre alt – und es bekommt Räume hinzu. Das ehemalige Wohnhaus des Stifters Alois M. Schader auf der anderen Straßenseite, in dem die Galerie der Stiftung untergebracht ist, wird für eine erweiterte Nutzung umgebaut. Im gläsernen Schader-Forum tagt man in der Regel sehr öffentlich, die neuen Räume eignen sich auch für Gespräche, die eine gewisse Diskretion erfordern. Oder die eine Laborsituation bieten; Gemeinhardt spricht von einer Art „Dialog-Manufaktur“. Ausstellungen wird es weiterhin geben, zudem eine Residenzmöglichkeit für Künstler oder Wissenschaftler.
DIE SCHADER-STIFTUNG
Die Schader-Stiftung wurde 1988 von dem Bauingenieur Alois M. Schader gegründet. Sie soll der Verbindung von Gesellschaftswissenschaften und Praxis dienen. Jährlich vergibt sie den Schader-Preis, zuletzt wurde der Rechtswissenschaftler Christoph Moellers geehrt. Im Jahr 2010 eröffneten Schader-Forum an der Goethestraße 2 sind 20 Mitarbeiter beschäftigt.
Die nächsten öffentlichen Veranstaltungen im Schader-Forum: Am Donnerstag, 5. Dezember, werden ab 17.30 Uhr bei einem Mini-Festival drei Kurzfilme rund ums Thema „Künstliche Intelligenz“ gezeigt. Am Montag, 9. Dezember, setzt um 18.30 Uhr ein Gespräch mit der Berliner Publizistin Sineb El Masrar die Reihe zu Autorinnen in der Migrationsgesellschaft fort. (red)
Die nächsten öffentlichen Veranstaltungen im Schader-Forum: Am Donnerstag, 5. Dezember, werden ab 17.30 Uhr bei einem Mini-Festival drei Kurzfilme rund ums Thema „Künstliche Intelligenz“ gezeigt. Am Montag, 9. Dezember, setzt um 18.30 Uhr ein Gespräch mit der Berliner Publizistin Sineb El Masrar die Reihe zu Autorinnen in der Migrationsgesellschaft fort. (red)
Rund fünfzig Veranstaltungen stellt die Stiftung jährlich auf die Beine, vom Waldkunst-Expertengespräch bis zur Debatte von Wissenschaftlern und Raumfahrtexperten, die bei Schader über die Kommunikation im Moon Village nachgedacht haben.
Zudem ist das Zentrum an der Goethestraße bemüht, die kulturellen und politischen Akteure der Stadtgesellschaft zusammenzubringen. Die Stiftung moderiert den Runden Tisch der Wissenschaftsstadt mit Vertretern aller Hochschulen, gemeinsam mit dem Staatstheater hat sie die Kuratierung der Darmstädter Gespräche übernommen, das zweite fragt am 15. Dezember nach dem „Abschied von den Weltraumhelden“. In Verbindung mit der Hochschule Darmstadt wird ein Projekt über Nachhaltigkeit fortgesetzt, in dem es vor allem um Fragen der anwendungsbezogenen Forschung geht. Eine von vielen Partnerschaften, die den Kern der Stiftungsarbeit bilden. „Wir verteilen kein Geld“, sagt Gemeinhardt, „wer etwas mit uns macht, macht selbst etwas.“