Von Christiane SteinMAINZ/BERLIN - Noch immer stimmt die Richtung nicht, im Gegenteil: Die Schienengüterverkehrstochter der Deutschen Bahn ist 2017 noch tiefer ins Minus gefahren als im Jahr zuvor - obwohl eigentlich endlich bei DB Cargo wieder eine schwarze Null in der Bilanz stehen sollte. Nach Informationen des Fachportals Verkehrsrundschau betrug das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im vergangenen Jahr minus 90 Millionen Euro, der Verlust liegt damit nochmals um zwölf Prozent höher als im Jahr 2016. Die Deutsche Bahn will die Zahlen für den Gesamtkonzern am kommenden Donnerstag in Berlin vorstellen.
DB Cargo dreht sich um sich selbst - statt um die Kunden
- STURM UND SPERRUNG
Auch Unwetterkatastrophen und die Sperrung der Rheintalstrecke haben laut Verkehrsrundschau das Ergebnis von DB Cargo 2017 belastet. Durch die Sperrung der Strecke bei Raststatt vom 12. August bis 2. Oktober gingen 45 Millionen Euro an Umsatz verloren, das Ergebnis wurde dadurch mit 35 Millionen Euro belastet.
Die Stürme wirken sich ebenfalls negativ aus und schmälerten das Ergebnis um 18 Millionen Euro.
Das Fatale: Die Probleme sind zum größten Teil hausgemacht. Denn an Kunden, die ihre Güter gerne auf der Schiene transportiert haben möchten, hapert es bei DB Cargo keineswegs. Das beweist auch die Umsatzzahl von 4,528 Milliarden Euro, die damit fast stabil (minus 0,7 Prozent) geblieben ist. Und hört man sich in Unternehmenskreisen um, heißt es immer wieder, dass noch wesentlich mehr drin wäre - wenn die Prozesse stimmen würden und die Aufträge und Wünsche der Kunden erfüllt werden könnten. Doch DB Cargo dreht sich stattdessen weiterhin um sich selbst. Die "Umsetzung der Güterverkehrsoffensive", wie sie der Vorstand beschlossen hat, bringt nicht die gewünschten Ergebnisse. Ein maßgeblicher Grund ist, so heißt es in Branchenkreisen, der Personalmangel. Gebraucht würden Triebfahrzeugführer, Lokrangierführer und Wagenmeister - alles Fachleute, ohne die kein Zug auf die Reise geschickt werden kann und die auf dem Markt kaum noch zu bekommen sind. Auch im sogenannten "Overhead", zu dem vor allem die Verwaltung, weite Teile der Zug- und Ressourcenplanung sowie der Vertrieb gehören, fehlt Personal. Konkret ist für die Zentrale in Mainz und Frankfurt von "über 200 vakanten Stellen" die Rede. Angeblich will die Bahn dieses Jahr bei DB Cargo mehr als 1200 neue Mitarbeiter einstellen - ob das gelingt, ist allerdings fraglich.
Denn die ursprüngliche Strategie, nach der bei der Güterbahn mehr als 1900 Stellen abgebaut werden sollten und die erst im Sommer 2017 gekippt wurde, hat noch immer fatale Folgen: Versäumt worden sei, so heißt es, nicht nur die Ausbildung von Fachkräften; mit Blick auf den geplanten Stellenabbau seien auch viele Mitarbeiter von sich aus gegangen - insbesondere Leistungsträger, die anderswo leicht einen guten Job fanden. Jetzt fehle das Personal, um Dienstpläne einzuhalten, die Schichten zu besetzten und Prozesse ordnungsgemäß erfüllen zu können, schildern Betroffene die Situation im Arbeitsalltag. Und die Folgen? Auch hier gibt es offene Worte: lausige Qualität und unzumutbare Belastung vieler Beschäftigter. Eine aktuelle Umfrage unter den Betriebsräten bei DB Cargo verdeutlicht die Probleme. So ist es offenbar nicht gelungen, die Betroffenen bei der Umstellung der Produktionsprozesse mitzunehmen. Dass "Mitarbeiter die Produktionslogik verstehen und unterstützen", bestreitet die große Mehrheit der Befragten: 45 Prozent geben ihrem Arbeitgeber in diesem Punkt die Note fünf (mangelhaft) und 20 Prozent sogar die Note sechs (ungenügend). Die Wertschätzung der Mitarbeiter wird zu 92 Prozent mit mangelhaft oder ungenügend bewertet. Weitere Kritikpunkte: Schlechte Ausstattung der Ausbildungslokomotiven und zu viele Überstunden.
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