Gleiche Farbsubstanzenwie in Autolack
Zugegeben, Hepatitis ist eine sehr heftige Folge von unhygienischen Zuständen an Tattooständen. Häufig gelangen dagegen Fremdkörper und Bakterien in die Wunde. Die Haut ist gerötet, schwillt an, nässt, schmerzt in und rund um das Tattoo. Nebenwirkungen, die schon unter hygienisch optimalen Bedingungen auftreten können. Bei einem Festival sind sie geradezu vorprogrammiert.
Hygiene ist das eine, die Zusammensetzung der Farben das andere. Sie können Schwermetalle enthalten, die schwere Allergien auslösen, ebenso wie die Trägerflüssigkeit, in der weitere Konservierungs- und Verdickungsmittel stecken. Das Problem: Weder Ärzte noch Patienten führen die Allergien auf das Tattoo zurück. So begeben sich beide Seiten auf den Weg einer langen Ursachensuche. Es sei denn, es handelt sich um einen akuten Allergieschub wie in einem Bericht, nach dem der Patient nur Stunden nach dem Besuch in einem Tattoostudio mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme gebracht wurde. Bei dem Patienten war sowohl die Stelle rund um das Tattoo geschwollen und gerötet als auch der linke Arm, die linke Wange, Lippen und Zunge. Solche Kontaktallergien treten völlig unvorbereitet auf bei Menschen, die auf Inhaltsstoffe in den Farben reagieren. Das Problem: "Diese manifestieren sich dann am Ort des Geschehens, das heißt, es kommt zur Rötung, Knötchen- und Pustelbildung und starkem Juckreiz. Da das Allergen unter der Haut ist, kann es nicht einfach abgewaschen werden. Cremes und Salben wirken nicht immer, da sie möglicherweise von außen nicht tief genug in die Haut penetrieren", beschreibt die Frankfurter Medizinerin. Leider gebe es hier auch Streuphänomene, der Ausschlag kann sich auf den gesamten Körper ausbreiten.
In der Regel wissen gute Tätowierer, wo und wie ihre Farben hergestellt wurden. Der Berufsverband Deutsche Organisierte Tätowierer (DOT) hat ebenso wie Bundesverband Tattoo e.V. Standards für seine Mitglieder entwickelt, die für mehr Transparenz und Information gegenüber den Kunden sorgen. Gleichzeitig gelangen offenbar immer mehr gefälschte Produkte auf den Markt, meistens Billigmixturen aus Asien.
Seit 2009 gibt es die Tätowiermittel-Verordnung
Anorganische Farben beispielsweise enthalten Substanzen, die eigentlich für andere Zwecke wie Autolacke verwendet werden. Selbst krebserregende Stoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) hat eine Behörde in schwarzer Farbe entdeckt. Einige PAK-Substanzen gelten als krebserregend. Niemand kann sagen, wie die Stoffe im Körper wirken, welche Zerspaltungsprozesse sie durchmachen und wo sich die Farbe andockt.
Eva Valesky hat im medizinischen Alltag gesehen, wo die Farben im Körper auftauchen: "Bei einem Patienten mit einer blauen Tätowierung musste ein Lymphknoten entfernt werden. Dieser wies die blaue Farbe auf." Seit 2009 ist zwar die Tätowiermittel-Verordnung in Deutschland in Kraft, mit der es erstmals ein verbindliches regulatorisches Gerüst für Tätowier- und Permanent Make-up-Mittel gibt. Viele bedenkliche Stoffe wie krebserzeugende Azofarbstoffe und das allergene p-Phenylendiamin sind darin verboten.
"Ob die verwendeten Stoffe in den Farben unbedenklich sind, kann daraus nicht rückgeschlossen werden", kritisiert die Wissenschaftlerin und verweist auf Untersuchungen, in denen in brauner Farbe nach wie vor Nickel, ein hochkompaktes Kontaktallergen, nachgewiesen wurde. Auch hier wieder das Messen mit zweierlei Maß: In Modeschmuck darf Nickel nicht mehr vorhanden sein, weil es auf der Haut Allergien auslösen kann. Unter der Haut als Farbe wirkt Nickel um ein vielfaches allergieauslösender.
Mit der Hautalterung verändert sich das Tattoo
Rund die Hälfte der Tätowierten würde sich einer Umfrage zufolge keins mehr stechen lassen. Was in jungen Jahren als modisches Accessoire gesehen wird, stört als Erwachsener nicht nur auf der Karriereleiter. Denn mit der Hautalterung verändert sich auch das Tattoo: Es verblasst und wird schrumpelig.
Inzwischen gibt es unterschiedliche Methoden, die Jugendsünde rückgängig zu machen. Wie bei den Farben liegen hier ebenfalls keine ausreichenden Langzeitstudien vor, die die Wirkung auf den Körper untersucht haben. Die wohl bekannteste Methode ist der Laser, mit dem Dermatologen professionell das Tattoo entfernen. "Es ist ein Trugschluss, wer glaubt, dass sich alle Farbpigmente weglasern lassen. Bunte Tattoos mit grüner Farbe zum Beispiel lassen sich nur sehr schlecht entfernen. Wenn sie sich entfernen lassen, dann besteht das Risiko, dass dieses als 'Negativ' auf der Haut sichtbar bleibt", sagt Valesky. Außerdem seien die toxischen Spaltprodukte, die durch den Laser verursacht werden, wenig untersucht.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat zumindest einige Spaltprodukte bestimmt, die bei der Rubinlaserbestrahlung beim kupferhaltigen Pigment Phthalocyanin-Blau, das heißt der Farbe Blau, entstehen. Dazu gehören 1,2-Benzendicarbonitril, Benzonitril, Benzol sowie Blausäure. "Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension Stoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug wären, in der Haut Zellschäden zu verursachen", sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Mögliche Risiken können je nach Größe der Tätowierung, Pigmentkonzentration, Körperstelle, Bestrahlungsdosis sowie der verwendeten Wellenlänge des Lasers unterschiedlich sein.
Bei der chirurgischen Entfernung, also des Herausschneidens eines Tattoos, spielt die Infektionsgefahr und Narbenbildung eine große Rolle. Bei sehr großen Tattoos ist diese Methode gar nicht praktikabel. Die Operation gehört allein in die Hände von ausgebildeten Dermatologen.
Außerdem werben seit einigen Jahren Anbieter für flüssige Tattooentferner. Dabei handelt es sich in der Regel um 40 prozentige L+Milchsäure, die ebenso wie die Tätowierung unter die Haut gespritzt wird. Dem BfR sind Fälle gemeldet worden, wo es anschließend zu schweren Entzündungsreaktionen der Haut mit Narbenbildung kam.
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