Von Heribert FleischmannASPISHEIM - Die idyllische Weinbaugemeinde Aspisheim hat in ihrer 1250-jährigen Geschichte mehrfach den Namen und auch die Besitzverhältnisse gewechselt. Im Lorscher Codex aus dem 8. Jahrhundert hieß sie Ascmundesheim, später Haspinesheim, auch Aspensheim und Aspeßheim sind zu finden. Seit dem 15. Jahrhundert setzte sich dann der heutige Name durch. Steinzeitliche, später römische und keltische und vor allem immer wieder fränkische Spuren sind in Aspisheim anzutreffen.
Der gemeinsame Rundgang durch die Aspisheimer Ortsstraßen findet mit Frieder Hothum statt, dem Vorsitzenden der Heimatfreunde, die sich die Erkundung von geschichtlichen Ereignissen und Entwicklungen sowie die Brauchtumspflege als Vereinsziel gesetzt haben. Der ehemalige Ortsbürgermeister erweist sich als „lebendiges Ortslexikon“, kennt unzählige Daten und Fakten aus „seiner“ Gemeinde, ist gut vernetzt zu Alteingesessenen und Aspisheimer Neubürgern.
Als erstes treffen wir Karin Ludt und Manfred Mautes. Das Paar aus dem Saarland wohnt seit vier Jahren in Aspisheim. „Uns gefällt vor allem hier das gute Wetter, der Aspisheimer Wein und das rheinhessische Lebensgefühl!“ Sie renovierten ein altes Bauernhaus und sind gerade dabei, in ihrem Garten eine Bewässerungsanlage für das Spalierobst anzulegen. Frieder Hothum zeigt uns das neue Rathaus. In Aspisheim wird nicht einfach abgerissen und neu gebaut. Das Schulgebäude aus dem Jahre 1880 wurde renoviert und beherbergt jetzt Bürgermeisterbüro und Ratssaal. In der benachbarten zweiten ehemaligen Schule, erbaut 1913, ist nun der Kindergarten untergebracht.
Rund um Aspisheim, so Hothum, zog sich ein mit Ulmen – in Rheinhessen Effen genannt – bestandener Dorfgraben. Bezeichnungen wie Untere und Obere Pforte für die Ortseingänge weisen noch heute darauf hin. Erst 1951 erhielt Aspisheim eine katholische Kirche, welche die alte, baufällig gewordene aus dem Jahr 1736 ersetzte. Auf das 13. Jahrhundert datieren die Ursprünge der evangelischen Kirche. Frieder Hothum zeigt auf eine während seiner Amtszeit angebrachten Tafel an der Kirchenmauer. Dort waren bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1984 Reste einer Badeanlage einer römischen Villa Rustica entdeckt worden.
Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg
„In Aspisheim weiß man immer, was die Stunde geschlagen hat: Die Glocken der evangelischen Kirche läuten um 11, 13 und 18 Uhr sowie zu jeder halben Stunde, das Läutewerk der katholischen Kirche zusätzlich um 12 Uhr“, erklärt Hothum. Idyllisch gelegen und mit einem Dorfbrunnen ausgestattet ist der Alte Rathausplatz. Noch im März 1945 wurden dort bei einem Bombenangriff acht Aspisheimer Bürger getötet und zahlreiche Gebäude zerstört. Ein auf das Jahr 1585 datierter Schlussstein ist in die Brunnenmauer integriert.
Der ehemalige Ortschef vergisst auch nicht auf die „Erfahrungen“ seiner Gemeinde mit dem Schinderhannes hinzuweisen. So soll es in Aspisheim nicht nur eine Schinderhanneshöhle gegeben haben, auch ein Aspisheimer Porzellanhändler namens Franz Mundo, alias Franz Köcher, wurde zusammen mit dem Hunsrücker Räuber 1803 in Mainz hingerichtet. In der „Ortsschelle“, der Zeitung der Heimatfreunde, kann ausführlich über dessen Beteiligung an zwei Raubüberfällen nachgelesen werden.
Besonders stolz ist der ehemalige Ortschef auf die Gutenbornhalle und den davor liegenden großen Dorfplatz. Durch den Verkauf von gemeindeeigenen Bauplätzen am ehemaligen, umgewidmeten Sportgelände konnte die Aspisheimer „Gud Stubb“ schuldenfrei finanziert werden. Dort gibt es auch mit der Brunnenstube die einzige Aspisheimer Gaststätte.
Herrliche Rundblicke auf die Gemeinde
Seinen Durst kann man aber auch in einem Gutsausschank stillen. Ein neues Sportgelände steht den Aspisheimer Sportlern am Ortsrand zur Verfügung. Einzelhandelsgeschäfte sucht man, wie in vielen rheinhessischen Gemeinden, in Aspisheim vergebens. Beim Gang durch die Ortsstraßen kann sich Frieder Hothum allerdings noch an die ehemaligen Standorte der Kolonialwarengeschäfte, an Bäckereien und Metzgereien erinnern. Er weiß auch noch, wo der Aspisheimer Förster, der Gemeindehirte, der gemeindeeigene Zuchtbulle und der Zuchteber anzutreffen waren. Eine Germaniastatue gibt es nicht nur in Rüdesheim. Am Germaniaplatz in der Germaniastraße erinnert die Statue an die aus Aspisheim stammenden Gefallenen aus dem Krieg von 1870/71. Die Statue soll noch vor dem bevorstehenden Jubiläumsjahr renoviert werden.
Weinbau, Weinhandel, Weinanalytik spielen in Aspisheim eine große Rolle. Über 20 Weinbaubetriebe sind in Aspisheim anzutreffen. Wir begegnen dem Namensvetter von Frieder Hothum, Karlfried Hothum. Der Seniorchef des Weingutes „Am Rothes“ zeigt uns gerne seinen aus drei Hofreiten entstandenen großen Betrieb mit dem wohl tiefsten Aspisheimer Weinkeller, bestückt mit zahlreichen Holzfässern. Angelehnt an die Weinbautradition hat der Gemeinderat den Straßen im 1982 entstandenen Neubaugebiet Weinsortennamen gegeben.
Herrliche Rundblicke auf die Gemeinde, aber auch ins rheinhessische Hügelland zeigt Frieder Hothum am Ende des Rundganges. Vom Engelwäldchen, vom Spangenberg und von der Kühunter kann man Aspisheim in diesem Frühjahr mit frischem Grün mit vielen bunten Farbtupfern von seiner besten Seite bewundern.
Noch mehr Nachrichten aus der Region lesen? Testen Sie kostenlos 9 Tage das Komplettpaket Print & Web plus!
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.