Von Mario ThurnesMAINZ - Die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten ist seit 2013 von 525 auf 693 Fälle gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von 32 Prozent. Im Vergleich zu 2015 ist die Tendenz aber rückläufig. Die Zahlen stammen aus einer Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der grünen Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Pia Schellhammer. Nach linksmotivierten Straftaten hat sie nicht gefragt.
Von den 693 Fällen im Jahr 2016 waren 387 Fälle „Propagandadelikte“. Darunter fällt das Benutzen verbotener Symbole wie das Hakenkreuz oder das Rufen rechter Parolen. In 128 Fällen kam es zu Volksverhetzungen. Gewaltdelikte stellen mit 51 registrierten Vorkommnissen die drittgrößte Gruppe.
- ANTISEMITISMUS
Die Zahl der Straftaten mit antisemitischem Hintergrund fiel laut Innenministerium von 38 Fällen im Jahr 2013 auf 26 im Jahr 2016. 17 der 26 Straftaten erfüllten den Tatbestand der Volksverhetzung.
Die Straftaten mit antisemitischem Hintergrund werden laut Ministerium in links-, rechts- oder religiösmotivierte Taten aufgeteilt. Wobei „die Mehrzahl der Fälle statistisch unter PMK-rechts erfasst“ würde, also unter rechtsmotiviert.
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten ist seit 2013 gestiegen.
Die Zahl der Gewaltdelikte ist von 2013 auf 2016 von 36 auf 51 gestiegen. Den größten Anteil machen die Körperverletzungen mit 43 Fällen im Jahr 2016 aus. Dreimal kam es zu Brandanschlägen. Rechts motivierte Tötungen hat es im Vergleichszeitraum in Rheinland-Pfalz nicht gegeben.
Zwischen den Jahren 2012 bis 2014 hat die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten tendenziell abgenommen, wie aus der Antwort des Innenministeriums hervorgeht. Das Ministerium sieht dafür als mögliche Gründe „die bundesweiten Vereinsverbots- und Ermittlungsverfahren gegen die rechte Szene sowie die effektive Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden“.
Anstieg nach der Grenzöffnung
Im Jahr 2015 kam es mit 701 rechtsmotivierten Straftaten zu einer zwischenzeitlich noch höheren Fallzahl als 2016. „Mitursächlich hierfür waren in erster Linie die registrierten Delikte im Zusammenhang mit der Asyl- und Flüchtlingsthematik“, wie das Innenministerium in der Antwort schreibt. In den meisten Fällen seien rechtsmotivierte Gewalttaten gegen Ausländer gerichtet – es gebe aber auch Fälle, in denen die Angriffe auf Polizisten oder Linke zielten.
„Die dem Rechtsextremismus zu Grunde liegende Weltanschauung ist in all ihren Ausprägungen zutiefst menschenverachtend, antisemitisch, fremden- und demokratiefeindlich“, teilt Innenminister Roger Lewentz (SPD) mit. Die Landesregierung sehe daher ein ernst zu nehmendens Gefahrenpotenzial. Schellhammer sieht einen Zusammenhang zwischen rechtsmotivierten Straftaten und rechten politischen Äußerungen: „Wir müssen Menschen, die bei uns Schutz suchen, schon gegen Hass, Angstmacherei und pauschale Verurteilungen verteidigen, damit es zu Gewalt erst gar nicht kommt.“ Im rheinland-pfälzischen Landtag komme es zu „erschreckenden Beispielen“ dafür, wie rechte Gewalt gesät werde, sagte Schellhammer.
Schellhammer setzt zudem auf Prävention. Dass diese wirke, zeigten die antisemitisch motivierten Vorfälle, deren Zahl leicht rückläufig sei. Auf Nachfrage dieser Zeitung teilte das Innenministerium mit, dass die Zahl linksextrem motivierter Straftaten zwischen 2013 und 2016 im Land in etwa gleich geblieben ist: Waren es 2013 noch 78 Straftaten, waren es 2016 dann 79 Straftaten. In beiden Jahren kam es zu jeweils acht gemeldeten Gewaltdelikten.
Im Jahr 2014 war es nach Angaben des Ministeriums insgesamt zu nur 54 Straftaten gekommen, im Jahr 2015 zu 16 Gewaltdelikten.
Die Erfassung von Straftaten im Bereich politische Motivation werde nach einem bundesweit gültigen Definitionssystem vorgenommen, teilt das Ministerium mit: Demnach würden die Taten als links- oder rechtsmotiviert eingestuft, wenn bei den Umständen der Tat entsprechende Anhaltspunkte vorlägen. Im Bereich der linksmotivierten Straftaten sei das dann der Fall, wenn „Bezüge zu Anarchismus oder Kommunismus ganz oder teilweise ursächlich für die Tat waren. Der Kerngedanke einer rechten Ideologie sei die „Annahme einer Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen“. Insbesondere würden Taten diesem Bereich zugerechnet, wenn völkischer Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus den Antrieb für die Straftat gegeben hätten.
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