Von Reinhard BreidenbachMAINZ/BERLIN - Als Abgeordneter, Inhaber eines Bundestagsmandats, will der Mainzer SPD-Politiker Michael Hartmann an diesem Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre aussagen - keine Anzeichen für einen Mandatsverzicht, so wird in eingeweihten SPD-Kreisen in Berlin und Mainz betont. Hartmann selbst war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.
Die Union sieht das völlig anders. "Der Mandatsverzicht von Herrn Hartmann ist längst überfällig", erklärt der stellvertretende Ausschussvorsitzende Michael Frieser (CSU). Hartmanns Glaubwürdigkeit sei schwer erschüttert, schädlich "für die Politik insgesamt."
Brisante Vorgeschichte
Der ehemalige SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy hatte im Februar 2014 wegen Kinderporno-Vorwürfen sein Mandat niedergelegt; ab 23. Februar 2015 steht er als Angeklagter vor dem Landgericht Verden. Im Dezember 2014 hatte Edathy behauptet, Hartmann habe ihn im Herbst 2013 vor polizeilichen Durchsuchungen gewarnt. Hartmanns Informationen stammten wohl vom ehemaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke, lautet Edathys Sichtweise. Ziercke und Hartmann weisen diese Version zurück.
Einschneidend dann der vergangene Donnerstag. Zeugen sagten im Untersuchungsausschuss aus, darunter einer, der dem Vernehmen nach in engster privater Beziehung zu Edathy stand. Die Vernehmungen waren teils nicht-öffentlich. Sie wurden am Ende von Beobachtern unisono als stützend für Edathys Version und belastend für Hartmanns Glaubwürdigkeit gewertet.
Aussagen fehlinterpretiert
Völlig anders die Auffassung Hartmanns, so sagen Stimmen in der SPD. Demnach seien die Zeugenaussagen zumindest in Teilen falsch wiedergegeben oder fehlinterpretiert worden. Dies wolle Hartmann am Donnerstag bei seiner Vernehmung im Ausschuss mit einer ausführlichen Erklärung richtigstellen.
In welchem Umfang Hartmann dabei noch die Rückendeckung seiner eigenen Partei hat, ist unklar. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann antwortete am Dienstag ausweichend auf die Frage, ob Hartmann als Abgeordneter noch tragbar sei. "Ich gehe davon aus, dass die Aufklärung am Donnerstag im Untersuchungsausschuss vorankommen wird", so Oppermann.
Allerdings könnte auch Oppermann selbst, ebenso wie SPD-Chef Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier, in die Bredouille kommen. Die SPD-Spitze war im Herbst 2013 rasch über den Kinderporno-Verdacht gegen Edathy im Bilde, der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte Oppermann informiert. Friedrich flog deswegen - Vorwurf: Geheimnisverrat - aus dem Bundeskabinett. Das trägt die Union den Sozialdemokraten heftig nach. Wer in der SPD sagte was wann zu wem? Einer, der das vermutlich sehr genau weiß, ist Hartmann.
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