Von Benjamin HilgerBIERBRAUEN In Stromberg erzeugt Mario Miedl nach alten Rezepturen urtümlichen Gerstensaft / Eine Nische besetzt
SCHWEPPENHAUSEN - Wenn Mario Miedl sein Handwerk ausübt, ist dies keineswegs ein alltägliches. Denn er ist Bierbrauer und betreibt die Hausbrauerei "Stromberger Urbräu". Ganz unauffällig in einer Halle in der Deyertstraße entsteht der aus Hopfen, Malz und Wasser gewonnene Gerstensaft. Doch wer denkt, Bierbrauen heiße nur, eben jene Rohstoffe zusammenzufügen, umzurühren und vergären zu lassen, der täuscht sich gewaltig. "Es ist weit mehr", weiß Miedl, dem die Euphorie und die Begeisterung für sein Handwerk anzusehen ist.
Vor ungefähr 13 Jahren kam Miedl auf den Geschmack des eigenen Hausbieres". Im Garten des elterlichen Hauses fand er wilden Hopfen. Mit einem Bierbrauset wagte er sich daran, daraus Bier zu brauen. "In 95 Prozent der Fälle geht dies schief, bei mir hat es damals geklappt". Mit diesem Erfolg war die Leidenschaft zum Bierbrauerhandwerk in Miedl geweckt. Aus dem Bierbrauerhobby wurde im Januar 2010 sein Beruf, denn in diesem Monat eröffnete er die Brauerei "Stromberger Urbräu" und begann, gewerblich sein Bier herzustellen und zu verkaufen. Große Unterstützung - speziell in der Anfangszeit seiner Gewerbegründung - erfuhr Miedl von der Handwerkskammer Koblenz.
- EINBLICK
In loser Folge blickt in die Allgemeine Zeitung Menschen über die Schulter, die ein selten gewordenes Handwerk ausüben.
die biere
Bei dunklem und hellem Bier ist es bei Miedl nicht geblieben.
Unter anderem Roggenbier oder ein "Allez Hopp"-Festbier sowie Starkbiere gehören - teils saisonal - zu seinem Angebot. Ideen und Möglichkeiten gibt es genug - denn allein aus etwa 100 vorhandenen Sorten Hopfen kann der Brauer verschiedene Geschmacksrichtungen kreieren.
Die ganze Bandbreite des Geschmacks sei da bei weitem noch nicht ausgereizt.
"Eigentlich wollte ich nur dunkles Bier herstellen", erinnert sich Miedl. Denn dieses ist das Bier, wie es auch zu Zeiten der Entstehung des Reinheitsgebotes vor fast 500 Jahren das typische war. Schon nach einigen Wochen aber wurde auch das erste helle Vollbier gebraut - "die Kunden hatten danach gefragt".
Für Miedl war es aber bei der Herstellung des hellen Bieres wichtig, dass auch dieses in der ursprünglichen Form hergestellt wird. Und so ist es auch mit der Technik, die er anwendet, um seine Biere zu brauen. Dies funktioniert in seiner Brauerei alles andere als vollautomatisch. Im Gegenteil: Handarbeit - eben Handwerk - ist hier gefragt. Vom Grundprinzip folgt er der Herstellungsweise, wie sie auch vor 400 Jahren schon angewandt wurden. "Es kann nicht so falsch gewesen sein, sonst würde man nicht in zwei Jahren 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot feiern".
500 Jahre Reinheitsgebot
Natürlich haben sich die Methoden weiterentwickelt. So nutzte man früher eingemauerte, holzbefeuerte Kessel, heute ist es in Mields Brauerei eine gasbefeuerte Sudpfanne aus Metall. Jedoch werden eben - und das macht für ihn sein Handwerk aus - die Zutaten nicht vollautomatisch zugesetzt, sondern nach und nach von Hand. Mit einem Maischepaddel rührt Miedl dabei die Flüssigkeit um. Auf die Temperatur und die Zeit kommt es dabei an, um die einzelnen Zwischenprodukte auf dem Weg zum Endprodukt zu erreichen.
Zunächst ist es die Pfannenvollwürze, eine Art ungehopfte Malzzuckerflüssigkeit, die aus Wasser und Malz in der Sudpfanne hergestellt wird. Diese wird dann gekocht und zu gewissen Zeiten Hopfen zugeführt. Die daraus entstehende Ausschlagwürze wird wie im Whirlpool in Bewegung gesetzt, um in der Mitte des Kesselbodens Feststoffe wie Hopfenreste, der sogenannte Trub, zu konzentrieren. Die klare Würze kann nun am Rand abgezogen werden und wird erneut gekocht zur Stammwürze. Nach der Abkühlung wird die Stammwürze mit Hefe versetzt, die Miedl selbst züchtet. Je nach Biertyp gärt der Gerstensaft zwischen fünf und 14 Tagen beim Stromberger Urbräu in der Flasche. Gefiltert wird das Bier vor der Abfüllung nicht mehr, auch wird die Hefe nicht gebremst, sodass die Vitamine, Geschmack und Inhaltsstoffe in voller Breite erhalten bleiben. "Und das macht sich im Geschmack und Geruch sehr stark bemerkbar", schwärmt der Bierbrauer.
Wenn auch der tatsächliche Absatz sein Geheimnis bleibt, so verrät Miedl zumindest, dass er seit 2012 den Absatz verachtfachen konnte. Seine Brauanlage ist zwischenzeitlich in der fünften Generation fortentwickelt worden - alles ebenfalls in eigener Handarbeit. Insgesamt merke man, dass Hausbiere deutlicher in die Wahrnehmung der Biertrinker geraten. Miedl selbst freut sich, dass immer mehr Hausbrauereien auf dem Markt entstehen und die Biervielfalt wieder größer wird und hofft, dass die Nische noch lange in dieser Form erhalten bleibt.
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